Montag, 12. März 2007

Warum

... werden Frauen bloss so viele Dinge als Schwäche ausgelegt, die eigentlich ein Zeichen ihrer Stärke sind? Ich begreife es nicht. Nehmen wir mich als Beispiel. Damals bin ich zu Shai nach Israel gezogen, weil dort unsere einzige Zukunft zu liegen schien. Die Menschen hier haben eigentlich alle positiv reagiert, bewundernd fast. Ich habe so viel Wertschätzung erfahren, erfahre sie noch immer. Was, du bist ganz alleine hergekommen? Und hast so schnell die Sprache gelernt? Und vermisst du deine Familie nicht? Kol HaKavod! (Alle Achtung!) In D hingegen haben die Menschen meist mit Unverständnis reagiert, waren geschockt. Sie läuft einem Mann hinterher. Gibt sich völlig auf. Wie kann sie nur sowas tun?

Ich sage: So schlimm kann meine Entscheidung nicht gewesen sein, wenn ich heute so glücklich bin damit. Welch eine Bereicherung mein Leben erfahren hat durch das Eintauchen in eine neue Kultur, eine neue Sprache, eine andere Religion! Es war nicht einfach, aber heute denke ich, dass mich diese Erfahrung gestärkt hat, in jeder Beziehung. Selbstaufgabe? Davon kann gar keine Rede sein.

Neue Situation, ähnliche Konstellation: Mein Mann verwirklicht seinen Traum, und wieder dackel ich scheinbar willenlos hinterher. Jeanne, was soll nur aus dir werden? Was sich hinter der Szene abspielt, wie wir überhaupt in diese Lage gekommen sind, bleibt verborgen. Ich war es nämlich, die den ewig nölenden, unzufriedenen, neidischen Göttergatten erst dazu angetrieben hat, Nägel mit Köpfen zu machen und endlich sein wahres Ziel zu verfolgen. Ohne mich wären wir heute nicht an diesem Punkt. Ist das nun eine Zeichen von Schwäche oder von Stärke? Ein Ego-Trip ist die MBA-Geschichte jedenfalls nicht, dazu hat mein Schatz zu viele Skrupel. Es ist vielmehr so, dass ich ihn jedes Mal wieder ansporne, wenn er kurz davor ist aufzugeben, alles hinzuwerfen. Vielleicht bleiben wir doch lieber hier, meinte er gestern. Genau. Damit er mir in den nächsten Jahren vorheulen kann, was er verpasst hat, sich vorwerfen, dass er die Chance nicht genutzt hat. Man kann sich vieles verzeihen, aber nicht das, was man nicht getan hat.

Ich jedenfalls freue mich auf das neue Kapitel. In jeder Veränderung liegt doch eine Chance, und aus jeder Veränderung geht irgendwie etwas Gutes hervor. Ich glaube fest daran. Ist das naiv? Bisher jedenfalls ist es immer so gewesen. Nicht umstonst sagen die Israelis in jeder noch so verzweifelten Lage: Ihiye beseder! (Alles wird gut!) Und meine Mutter hat mir immer erklärt, dass man es nicht allen Recht machen kann. Dass man Entscheidungen für sich selber treffen muss. Auch das stimmt.

11 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

hi jeanne!

ich finde, man sollte im leben einfach seinem herzen folgen. so haben wir das damals schliesslich auch gemacht, als wir ganz alleine nach israel gekommen sind. du hast recht, wenn man es nicht versucht, weiss man nie, ob es geklappt hätte. ausserdem hast du doch eh schon erfahrungen in einem anderen land und es ist ja nur für begrenzte zeit.

falls es euch dort nicht gefallen sollte, könnt ihr ja immer wieder zurückkommen.

ich finde es zwar ein bisschen schade, dass ich dich jetzt die nächsten jahre nicht mehr sehen werde, aber ich wünsche euch von herzen alles gute und viel erfolg!

lg
bine

stockholm hat gesagt…

Hallo Jeanne,

Ihr macht das völlig richtig! Und diejenigen die sagen Du gibst Dich auf, machst alles falsch, das sind doch oft die, die immer auf einer Stelle hocken, nie etwas verändern. Andere Menschen haben eben eine andere Vorstellung vom Leben.

Ich habe in verschiedenen Ländern gelebt, auch in den USA. Es war sicher nicht immer einfach, aber ich habe soo viele unschätzbare Erfahrungen gemacht! Und in den USA zu leben ist wirklich relativ einfach, denn es gibt sooo viele unterschiedliche Leute!

Alles Gute und viele Grüße aus Deutschland von Nora, die irgendwie Deinen Blog entdeckt hat und seitdem immer mal wieder reinschaut.

Jeanne hat gesagt…

Danke, Bine! Hey, aber noch sind wir ja hier. Nach Pessach sollten wir irgendwann noch mal ein Treffen organisieren. Fänd ich schön.

LG,
Jeanne

Jeanne hat gesagt…

Nora, danke für den Zuspruch. Das tut gut! Schaust du nur so vorbei (wie schön!), oder bloggst du auch selber?

LG,
Jeanne

Anonym hat gesagt…

Hallo Jeanne,
vielleicht reagieren einige Menschen in deiner Umgebung mit Unverständnis, weil sie es lieber gesehen hätten wenn du in Deutschland geblieben wärst, z.B. Familie und Freunde, da sie dich ja dann nicht mal eben auf einen Kaffee besuchen können, etc.
Aber natürlich musst du dein Ding machen und wenn du damit so zufrieden bist, ist es doch gut. Kannst es ja schließlich nicht jedem Recht machen. Alles Gute für die Zukunft, lg

Jeanne hat gesagt…

Natürlich, und das kann ich ja auch verstehen. Am liebsten würde ich alles vereinen, die weite Welt und die Familie in D, aber das geht ja nun mal leider nicht. Wichtig ist doch, dass man alle Möglichkeiten nutzt, in Kontakt zu bleiben (davon gibt es ja heute schon so viele!). Das seltsame ist, dass sich Beziehungen manchmal auf die Distanz verbessern, weil man einfach anders (vorsichtiger?) damit umgeht (und vielleicht auch, weil nur die übrig bleiben, die von Bedeutung sind). Manchmal fühlt man sich dann einander näher, als wenn man sich regelmässig sehen kann. Das ist doch auch etwas Schönes. Es tut mir leid, dass unsere Entscheidungen einigen Menschen weh tun; ich wünschte, ich könnte das ändern, zumal es die Menschen sind, die wir am liebsten haben auf der Welt. Aber eigentlich bleibt mir nur ein leises, ehrlich gemeintes "Es tut mir leid". Vielleicht kann ich es irgendwann wieder gut machen.

Anonym hat gesagt…

och jo, die Leute, was die so sagen.
Nie wollen die kapieren, dass ihre Lebenseinstellung tatsächlich nicht immer mit der der anderen Menschen konform gehen muss. Seufz.
Ich weiß nicht, ob ich alle gewohnten Zelte hätte abbrechen können, wäre wahrscheinlich zu feige gewesen. Aber die Frage stellte sich mir ja auch nie, OBWOHL: ich bin zu besten Vater meiner Kinder gezogen. Waren aber nur 25 Kilometer von meinem Heim :-)

Also: Lassen die Leute reden, das macht die glücklich.

Susi Sonnenschein hat gesagt…

Hi Jeanne,

laß die anderen denken, was sie denken. Ich finde es ziemlich mutig, in einem neuen Land ein vollkommen neues Leben zu beginnen. Gerade Israel ist da in meinen Augen ein echtes Abenteuer. Du gibst dich nicht auf, du erweiterst deinen Horizont!

Ich habe ja genau die gleichen blöden Sprüche gehört - und damals wollte ich erst nur von Düsseldorf nach Stuttgart ziehen. Man muß sich das mal vorstellen. Diejenigen, die das verzapft haben, sitzen übrigens immer noch im Heimatkaff und kommen nicht aus ihrem Trott heraus. Das Sahnehäubchen obendrauf ist dann noch der versteckte Neid, der einem spürbar entgegengebracht wird - weil sich diese Leute einfach nicht trauen, aus ihrem Leben auszubrechen. Denen sind die Trauben wohl doch zu sauer ;-)

Ist doch am Ende egal, ob man sich allein ins Abenteuer stürzt oder der Liebe wegen - die Hauptsache ist, daß du glücklich mit dem Arrangement bist.

Bin ja mal auf eure Abenteuer in den USA gespannt.

Liebe Grüße, Susan

IO hat gesagt…

Ich gehöre angeblich auch zu den nachdackelnden Frauen ... was soll's! Wenn ich nicht meinem Herzen gefolgt und "nachgedackelt" wäre, hätte ich keine wunderschöne Jahre in Italien verbracht, hätte keine zwei Kinder, sondern würde vermutlich irgendwo gefrustet rumsitzen und mir in den Hinter beißen, weil ich DIE Chance meines Lebens verpaßt hätte.

Ich würde auch jederzeit wieder nachdackeln - Notfalls auch vor ;-)

Jeanne hat gesagt…

Ach, ihr tut mir alle so gut... Danke fürs Rücken-Stärken!

Larissa, dein Blog kannte ich noch nicht. Jetzt werde ich mich erstmal durchlesen. :-)

A.in N. hat gesagt…

Liebe Jeanne

Auch auf deinem Blog, welchen ich erst vor ein paar Wochen entdeckte, moechte ich dir schreiben, dass ich deine Entscheidung und dein "Anschubsen" genau richtig und wunderbar finde.

Die Zeit in USA wird euch alle bereichern an Erfahrung (und spaeter vielleicht auch an Einkommen) . Deine "Draengelei" hat mich amuesiert und ich habe vor mich hin gemurmet: "Go for it Jeanne" ... schliesslich ist es sehr schwer mit dem Bedauern von verpassten Gelegenheiten zu leben.

Ich hoffe, dass ich bald schreiben kann "Welcome in USA ... Willkommen und vielleicht ist endlich ein (Wieder)sehen von uns beiden moeglich.
Liebe Gruesse aus Nashville