Sonntag, 31. Dezember 2006

Vom Weggehen und Ankommen

Wir sind zurück, und wie immer war der Abschied schwer und das Ankommen nicht nur für den Kopf problematisch. Aber ich glaube, inzwischen bin ich voll und ganz wieder hier -- der Alltag hat einen ja schneller wieder, als einem lieb ist.

Yair hat die Zeit bei Oma und Opa in vollen Zügen genossen. Er ist tagelang glücklich in dem Wissen umhergewirbelt, dass jeder im Haus ihn sehr lieb hat. Vor meinen Grosseltern hat er sich merkwürdigerweise anfangs gefürchtet. Das muss eine Generationensache sein, denn schon im Flugzeug hatte er Angst vor zwei älteren Herren, die hinter uns sassen und mit ihm schäkern wollten. Da rief er laut: "Ima, lo roze!" (Mama, will nicht!) und fing an zu weinen. Aber am letzten Abend beim Einschlafen murmelte er dann zufrieden vor sich hin (auf Deutsch!): "Uroma. Uroma. Uroma! Plätzchen. Kuchen. Plätzchen. Rosinen." Und er verteilte sogar freiwillig Küsschen an alle beim Abschied.

Für mich war es wie immer. Die ersten Tage habe ich uneingeschränkt genossen, aber dann machte mir der Gedanke an den baldigen Abschied schon wieder das Herz ganz schwer. Am letzten Tag dann habe ich mich an den letzten Lichtblicken festgehalten. Noch ein gemeinsames Kaffeetrinken. Noch ein Abendessen. Zusammensitzen vorm Kamin. Ein letztes Glas dieses leckeren Südafrikanischen Cabernet Sauvignons. Ein letzter Wallander-Krimi. Gemeinsame Fahrt zum Flughafen. Eine Tasse überteuerten Flughafen-Kaffees. Und dann keine Ausflüchte mehr, kein Klammern: wir müssen die Treppe hoch, durch die verschärfte Handgepäckkontrolle, uns auf den Weg zum Gate machen. Diesmal ohne sichtbare Tränen; die fallen nur tief innen, ich kann sie gerade noch aufhalten. Es hilft ja nichts. Diese Leben habe ich mir selber ausgesucht.

Jetzt also bin ich wieder angekommen, irgendwie zu Hause, aber nie so ganz. Wenn ich hier bin, ist immer ein Teil dort. Wenn ich dort bin, möchte immer ein Teil wieder zurück. So zerrissen werde ich bleiben, da komme ich nicht mehr raus. Aber eigentlich arrangiere ich mich damit ganz gut. Im grossen und ganzen jedenfalls. Und vielleicht kommen meine Eltern über Ostern.

Übrigens legen Yair und ich jetzt häufig Frederik Vahle's "Der Spatz" auf. Uns ich das Lied vom kleinen Trampeltier so richtig ins Ohr gegangen. Und Nenas Kinderlieder-CD steht auch hoch im Kurs. Beides Geschenke meines lieben Schwesterchens.

Ich habe auch eine Menge Bücher mit zurück gebracht. Jetzt muss ich nur noch Musse finden...

Ach ja, und heute ist Neujahr -- wie konnte ich das nur vergessen. Ein glückliches 2007 uns allen, mit hoffentlich viel Ruhe und Frieden!

Dienstag, 19. Dezember 2006

Zwei mal werden wir noch wach...

... dann fliegen wir! Shai ist inzwischen schon in D, und ich treffe die letzten Vorbereitungen für unseren "Weihnachts"urlaub. Dazu gehört auch, Yair immer wieder zu erzählen, dass wir am Donnerstag mit dem Flugzeug zu Oma und Opa fliegen und dort auch den Papa treffen. Ob's was hilft? Wenn ich ihn frage, wo der Papa ist, ruft er immer aufgeregt "baAviron!" (im Flugzeug). Er hat auch schon begriffen, dass er ein Geschenk bekommt, wenn Papa wieder "aus dem Flugzeug steigt". Sowas ist ja einfach zu behalten.

Scheinbar scheint er sich auch gut an Oma und Opa zu erinnern. Sogar an "Batan", den er hin und wieder erwähnt und scheinbar in sein Herz geschlossen hat, obwohl der liebe Onkel sich nie meldet und ich seit Juli nur einmal für zwei Minuten mit ihm sprechen konnte. Aber das ist eine andere Geschichte, die nicht hierher gehört.

Gerstern abend schien sich bei Yair wieder Fieber anzubahnen, aber Gott sei dank ist er heute wieder ganz der Alte gewesen. Ein liebenswerter kleiner Frechdachs, der langsam in die "terrible two" kommt. Meine Eltern werden sich wundern, wenn sie ihn am Freitag in Aktion erleben.

Ein bisschen nervös bin ich. Komisch eigentlich. Man sollte meinen, nachdem ich schon drei Mal alleine mit meinem Spatz geflogen bin, würde ich ruhiger, aber leider ist dem ganz und gar nicht so. Jedes Mal gibt es andere Dinge zu bedenken. Letztes Mal hatte ich Angst, dass er mir im Flugzeug das Tablet mit dem Essen um die Ohren haut. Diesmal weiss ich, dass wir das (hoffentlich) unter Kontrolle haben, aber er könnte stattdessen einen Tobsuchtsanfall bekommen, aus allen möglichen erdenklichen und unerdenklichen Gründen. Wahrscheinlich geht am Ende aber sicher doch wieder alles glatt.

In diesem Vorbereitungsstress geht Chanukka leider ein bisschen unter. Bisher haben wir zwar jeden Abend (ausser heute, *schäm*) Kerzen angezündet, aber so richtig Stimmung kommt nicht auf, zumal sowohl Yair als auch ich die Chanukka-Feier im Kiga bzw. bei der Arbeit verpassen werden. Souvganiot habe ich auch nur bis Freitag gegessen; seither scheinen sie mir aus dem Weg zu gehen (ist wohl auch besser so). Dafür habe ich aber ein bisschen über Chanukka in meiner letzten Kolumne geschrieben.

Jetzt muss ich mal langsam sehen, dass ich die letzte Wäsche gefaltet bekomme und schon mal ein paar Klamotten in den Koffer werfe. Eigentlich wollte ich auch noch "In aller Freundschaft" gucken. Habe ich schon erwähnt, dass Shai mir kurz nach Yairs Geburt das überhaupt beste (wenn auch unromantischste) Geschenk überhaupt gemacht hat? Mit einer zweiten Schüssel auf dem Dach kann ich jetzt meine geliebten rechtlich-öffentlichen Sender empfangen und damit auch wieder gute deutschsprachige Krimis, Serien und Filme sehen (falls ich mal dazu komme). So sehr ich mich hier in Israel wohl fühle -- die Sprache fehlt mir doch, schliesslich ist man auch in ihr ein gutes Stück zu Hause. Nicht umsonst habe ich ja Literatur studiert. wenn ich daran denke, wie viel ich in meinem "früheren" Leben gelesen habe... Aber bevor ich abschweife, mache ich lieber an dieser Stelle Schluss.

Freitag, 8. Dezember 2006

Auszeit?

Yair ist schon wieder krank. Die ganze Nacht hat er gehustet, irgendwann kam ihm dann alles wieder hoch, heute morgen waren wir alle völlig gerädert und jetzt schläft er schon einen fast 3stündigen Mittagsschlaf. Shai ist mit ihm heute Mittag zum Arzt gegangen, und der meint tatsächlich, Yair sei zu oft krank (Ach? Ich dachte, im ersten Kindergartenjahr sei das so?) und wir sollten überlegen, ihn mindestens für sechs Wochen aus dem Kiga zu nehmen. Jetzt sind wir natürlich völlig geplättet.
Dabei waren wir vor kurzem schon beim Homöopathen, um einen Weg zu finden, sein Immunsystem zu stärken. Auszeit also -- aber wie sollen wir das bewerkstelligen? Shai meinte kurz und knapp, das ginge eben nicht. Aber ich denke, vielleicht sollten wir wenigstens konkreter darüber nachdenken. Es stimmt, ich kann jetzt nicht einfach eineinhalb Monate unbezahlten Urlaub nehmen. Oder vielleicht doch? Ich bin völlig zerrissen. Ich möchte auch nicht, dass Yair sich für diese "kurze" Zeit an eine neue Tagesmutter gewöhnen muss. Ganz zu schweigen von der Chance, überhaupt eine zu finden. Ach, das Elternsein ist weiss Gott nicht immer leicht. Ich fühle mich wie eine Rabenmutter. Vielleicht sollte ich doch einfach meinen Job für einige Zeit an den Nagel hängen? Aber dann müssten wir uns sehr einschränken, und unsere D-Besuche, die wir zweimal im Jahr anpeilen, würden auch wegfallen. Und DIE bin ich eigentlich nicht bereit aufzugeben. Also lieber Rabenmutter sein?
Mal sehen. Wir werden wohl ein bisschen unsere Köpfchen anstrengen müssen...

Dienstag, 5. Dezember 2006

Kurz vorm Absturz

Eigentlich wollte ich es mir heute abend so richtig gemütlich machen zum Bloggen: mit einer Tasse Tee, in eine Decke gehüllt wollte ich mich ganz entspannt vor den PC setzen und ohne Zeitdruck im Nacken ein paar Zeilen schreiben. Wollte die relativ strumfreie Bude (Shai ist bei einem Arbeitsessen) geniessen und einfach mal wieder irgendwohin abschweifen. Aber wie jeden Abend hat mich die Routine wieder zu sehr im Griff. Eben wäre ich beinahe neben Yair eingeschlafen. Dann habe ich ewig lange gebraucht, um passende Bilder für einen Fotokalender rauszusuchen, auf den meine Familie als Weihnachtsgeschenk besteht. Und jetzt bewegen sich die Zeiger der Uhr schon wieder gefährlich Nahe auf "spät" zu, während unten in der Küche wie immer abends das Chaos regiert. Ganz zu schweigen vom Berg Wäsche, der sich bedrohlich türmt, und der Maschine, die noch fleissig vor sich hin wäscht. Dabei könnte ich auch mal mehr als sechs Stunden schlaf gebrauchen. Hört sich das alles nach gähnendem Alltag an? Und da soll ich mich dann noch politisch usw. informieren und irgendwelche besonders geistreichen Gedanken von mir geben?
Wie immer in solchen Momenten zaubert der Gedanke an Yair dann ein Lächeln auf mein Gesicht. "Ima chamudi [sic!]!" (Mama ist süss!) hat er eben beim einschlafen zärtlich verkündet, seine Ärmchen um meinen Hals geschlungen. Und da soll ich nicht dahin schmelzen? Als ich ihn vom Kindergarten abgeholt habe, deutete er auf dem Weg zum Auto mit einer wilden weitläufigen Geste auf den Spielplatz und fragte: "Ma ze?" (Was ist das?) Ich, ebenso fragend: "Was denn?" Er, bekräftigend: "Ma ze?" Ich, vorsichtig: "Ein Tisch? Mitten im Garten?" "Ken!" (Ja!) rief er freudestrahlend. Und dann, auf Deutsch (!): "Na sowas!"
Inzwischen geht es auf Chanukka zu. Souvganiot habe ich dieses Jahr bisher noch fast gar nicht angerührt, aber beim Gedanken daran bekomme ich gerade einen Bärenhunger. Yairs erste Feier im Kindergarten werden wir leider verpassen, weil wir just an dem Tag gen Deutschland fliegen -- dabei freut sich doch Safta Hana schon so darauf. Die Enttäuschung wird gross sein.
Und weil der Dezember mit riesen Schritten voranschreitet und unser Flug immer näher rückt, muss ich mich langsam auch um diverse Weihnachtsgeschenke kümmern. Diesen Kampf werde ich am Freitag ausfechten, wenn Yair im Kindergarten Kuchen oder Challa backt und Kabbalat Shabbat (Empfang des Shabbat, eigentlich kurz vor Beginn am späten Nachmittag) begeht. Ist es nicht merkwürdig: obwohl wir kein Weihnachten feiern und ich schon einige Jahr hier bin, packt mich in der Vorweihnachtszeit trotzdem immer noch eine kribbelnde Vorfreude, wenn auch jedes Jahr ein klitzekleines bisschen weniger (aber komischerweise in diesem Jahr mehr als im letzten). Die Macht der Sozialisation nenne ich das mal. Und jetzt mache ich mal Schluss, denn ich befürchte, dass der Computer gleich abstürzt, dieses furchtbare Ding. Er stöhnt ganz fürchterlich... Wie oft wollten wir uns schon einen neuen kaufen!!! Immer im nächsten Monat allerdings. Also dann. Jetzt habe ich ja doch ganz ordentlich gebloggt, oder? Und die Waschmaschine ist inzwischen auch fertig, da kann ich endlich alles in den Trockner stopfen. :-)

Montag, 4. Dezember 2006

Anders als man denkt

So kommt es doch oft. Noch einen Tag zu Hause, dachte ich, würde reichen, um meinen kleinen Spatz wieder auf die Beine zu bringen. Pustekuchen. Just an dem Abend bekam er hohes Fieber, das hartnäckig bis fast zum Wochenende anhielt. Mein Büro habe ich letzte Woche also nicht mehr von innen gesehen. Wohl aber habe ich ein wenig von dem Laptop Gebrauch gemacht, den mein Chef mir freundlicherweise (und in weiser Voraussicht) an besagtem Montagabend, als ich noch dachte, die Welt sei am nächsten Tag wieder in Ordnung, organisiert hat.
Fast wäre auch Shai nicht wie geplant in der Nacht zum Donnerstag zurückgekehrt, weil ja im Land ordentlich gestreikt wurde. Wie froh ich war, als ich dann doch gegen 5 Uhr das Taxi vorfahren hörte!
Yair ist in dieser letzten Woche ganz blass und dünn geworden. Rachel, seine Kindergärtnerin, hat sich gestern Morgen richtig erschrocken. Aber die gemeinsamen Tage haben auch etwas positives mit sich gebracht: Wir hatten endlich einmal ganz viel Zeit nur für uns zwei. Das haben wir mal dringend gebraucht (wer von uns beiden mehr, das ist schwer zu sagen). Gestern wieder zum Alltag, soll heissen zum Schreibtisch zurückzukehren ist mir unglaublich schwer gefallen.
Seit ein paar Tagen schleppt Yair übrigens Ephraim, seinen Teddy, ständig zum Vorlesen an. Dann setzt er sich mit ihm zusammen hin, nimmt ein Buch und erzählt ihm eine Geschichte. "Was ist das?" fragt er zum Beispiel, oder "Wo ist die Katze?" (natürlich auf Hebräisch -- die deutschen Worte kommen ja nur vereinzelt) und wartet scheinbar darauf, dass Ephraim ihm antwortet. Wirklich zu süß!

Montag, 27. November 2006

Von chronischer Müdigkeit und allerlei Krankheiten


Schon seit Wochen, ja Monaten eigentlich bekomme ich kaum noch mit, was in der Welt, geschweige denn im Land hier vor sich geht. Wie nebenbei hörte ich gestern, dass die Palästinenser trotz Waffenruhe weiterhin Raketen auf Israel abfeuern aber die Israelis mit Nachsicht reagieren. Waffenruhe? Welche Waffenruhe? Selbst da war ich dann zu müde und erschöpft, weitere Nachforschungen anzustellen.

Manchmal schlafe ich abends mit Yair zusammen ein. Dann schleppe ich mich noch mit Mühe von seinem kleinen Bett in mein grosses. Im Fitnessstudio war ich schon seit Wochen nicht mehr. Meine Tage bestehen eigentlich nur noch aus Arbeit und Yair. Manchmal trinke ich mit Shai noch eine Tasse Tee oder lese ein paar Seiten, aber zu viel mehr reicht meine Energie wirklich nicht. Irgendwie muss ich mich aufraffen.

Nicht diese Woche allerdings. Shai ist gestern wieder für seine Firma nach D geflogen. Vor kurzem hat er seinen "Frequent Flyer" Ausweis bekommen -- jetzt wird er mit Priorität behandelt und ist SO stolz darauf. Jedenfalls ist er bis Donnerstag nicht hier, und just da werde erst ich krank und dann Yair. Die letzte Nacht war furchtbar. Der arme Kleine wurde alle Naselang vor lauter Bauchschmerzen wach und weinte. Vier Mal musste ich ihm die Windel wechseln, drei Schlafanzüge sind in die Wäsche gewandert. Um 4:30 hat er gebrochen, da habe ich dann auch noch ergeben den Boden gewischt, nachdem er endlich wieder schlief.

Jetzt wird er gerade wach und ich muss sehen, wie es ihm geht...

Er schläft weiter. Wieder haben ihn seine Bauchkrämpfe geweckt. Ich hoffe sehr, dass er sich morgen wieder besser fühlt. Ich werde noch einen Tag mit ihm zu Hause bleiben, aber dafür werde ich heute Abend zur Arbeit eilen, wenn meine Schwiegermutter für ein paar Stunden kommt. Sie wägt sich in dem Glauben, Yair alle möglichen "iranischen Antibiotika" aufschwatzen zu können. Das wird sich ja zeigen -- bei mir jedenfalls verweigert er alle guten Dinge, die ich für seinen Magen und Darm zubereite.

Und so gehen denn meine Tage dahin. Wen wundert es da, dass ich nur geringes Interesse am Weltgeschehen aufbringen kann? Ich habe mir zwar vorgenommen, mich in Zukunft "zusammenzureissen", aber was will ich machen bei zu wenig Schlaf. So ist das eben, wenn die Kinder klein sind. Oder?

Kaum komme ich auch dazu, hier ein bisschen von Land und Leuten zu erzählen. Dem Wechsel der Jahreszeiten, die es hier nicht so ausgeprägt gibt wie in Deutschland. Aber vielleicht bald. Derweil gibt es ja einiges auf http://ferngefluester.blogspot.com zu lesen.

Samstag, 4. November 2006

Die Gunst der Stunde

Ich muss unbedingt die Gunst der Stunde nutzen... Shai badet Yair, und ich habe ein paar Minuten Zeit. Inzwischen ist es richtig Herbst geworden. Zwar ist es tagsüber noch recht warm, aber trotzdem haben wir unsere Sandalen in den Schrank gestellt und auch Yair "winterfest" gemacht -- neue Schuhe, neue Pantoffeln, neuer Haarschnitt, neue Gaderob. Zu den Klamotten, die Oma Ulli ihm im Juli geschenkt hat, gesellt sich jetzt H & Ms Übergangskollektion, die Shai bei seinem Besuch in D vor zwei Wochen ergattert hat. Nur Gummistiefel fehlen noch, um das Glück perfekt zu machen; dabei hat es schon ein paar Mal kräftig geregnet.

Yairs Wortschatz wächst und gedeiht unterdessen. Er überrascht uns immer wieder. "Ima, chamuda," (Mama, Süße) sagt er manchmal zu mir, wenn er ins Bett geht, und nimmt mich fest in den Arm. Oder er verkündet stolz: "Kaniti Chulza!" (Ich habe ein Hemd gekauft!) "Echt!?" antwortet Shai. "Das ist ja klasse. Welche Farbe hat es denn?" Und Yair erklärt ohne zu überlegen: "Yarok." (Grün)

Jetzt muss ich wohl doch Pause machen und mich zu den beiden im Badezimmer gesellen. Ich werde lauthals verlangt.

Montag, 2. Oktober 2006

Von grossem Fressen und Fasten

Ich kann kaum glauben, dass zwei Monate vergangen sind, ohne dass ich etwas eingetragen habe. Aber es macht Sinn, denn seit ich meinen neuen Job angefangen habe (am 1. August), hatte ich wirklich kaum Zeit. Ausserdem ist Yair seit Anfang September im Kindergarten und ständig krank. Es gab Tage, da bin ich wirklich auf dem Zahnfleisch gerobbt. Morgens um 5:30 aufgestanden, zur Arbeit gefahren, um 9:00 wieder zurück nach Hause gefahren, um meinen kleinen Kranken zu versorgen, bis Shai abends gegen 18:30 von der Arbeit kam, dann zurück zur Arbeit gefahren, bis um 22:30 im Büro gesessen,... Es waren anstrengende Wochen, zumal wir im Büro auch übermässig viel Stress hatten. Aber die Arbeit macht Spass, die Leute sind wunderbar und der Anfahrtsweg dauert bei normalem Verkehr ganze 12 Minuten. Was will ich also mehr?

Yair redet wie ein Wasserfall. Natürlich hat das Hebräische stark überhand gewonnen, seit er im Kindergarten ist, aber das war ja nicht anders zu erwarten. Dort gefällt es ihm prima. Es kommt nicht selten vor, dass ich ihn um 17:00 abhole und er sich mit Händen und Füssen sträubt, weil er noch spielen will. Seit letzter Woche haben sie zwei Küken dort, die er heiss und innig liebt. Und da der Kindergarten bei Rachel zu Hause ist, hat er schon alle Familienmitglieder in sein Herz geschlossen, besonders Ofer, Rachels Sohn, und Choschen, den wuscheligen Hund. Er kennt auch die Namen aller 14 Kinder, die dort tagtäglich mit ihm spielen. Laut Rachel redet er mehr als jedes andere Kind.

Rachel hat er sich als Ersatzmutter ausgewählt. Wo sie hingeht, geht auch er hin. Die andere drei Kindergärtnerinnen, Mor, Hila und Dana, interessieren ihn eher wenig.

Jetzt sind schon fast die hohen Feiertage vorbei. Wir wanken von üppigen Festmählern zum kargen Fasten. Gestern war Jom Kippur und wir haben 25 Stunden nichts gegessen und getrunken. Yair natürlich schon, und ich, weil ich bis zum Tag vorher krank war, habe "nur" 21 Stunden ohne Wasser ausgehalten; dann habe ich getrunken, und kurz bevor wir zur Synagoge gegangen sind, habe ich auch ein kleines Stückchen Möhrenkuchen gegessen, weil mir wirklich schwarz vor Augen wurde. Aber da hatte ich ja schon 24 Stunden hinter mir. Alles in allem ganz gut. Anschliessend haben wir uns dann bei Shais Oma die Bäuche so voll geschlagen, dass wir kaum noch die Treppe runtergehen konnten. Heute sitze ich wieder im Büro. Drei Tage lang -- dann ist Sukkot und wir haben Wochenende und drei Tage frei, also fünf Tage zum Ausruhen.

Das muss jetzt fürs erste reichen. Ich habe noch viel nachzutragen -- falls ich es schaffe, aber jetzt ruft die Arbeit.

Donnerstag, 3. August 2006

Angst im Bauch

Wir hatten wunderschöne Tage in Deutschland. Yair hat meine Eltern so lieb gewonnen, dass er sie in den ersten Tagen nach unserer Rückkehr immer fragend gerufen hat. Wenn er sie jetzt auf Fotos sieht, lächelt er und freut sich. Oma, Opa, Murphy, Batan (Bastian), Bene (Fabienne), Johannes (manchmal Jochannes), Erdbeere, Sunen (Rosinen) sind nur einige der Namen und Wörter, die er mit zurück gebracht hat.
Zwischendurch waren wir für vier Tage auf Langeoog, nur wir drei -- das haben wir wirklich mal gebraucht. Es war einfach klasse. Wir sind viel Fahrrad gefahren, haben uns den Wind um die Nase wehen lassen, verlassene Strände entdeckt, im Sand gebuddelt und gebaut, Eis geschleckt und Crepes geschlemmt.
Jetzt sind wir wieder zurück in Israel, in einer anderen Wirklichkeit. Eigentlich geht für uns alles seinen gewohnten Gang, aber ein bisschen sitzt uns doch die Angst im Bauch. Wann werden die ersten Raketen Netanya und Umgebung treffen? Es scheint ja nur noch eine Frage der Zeit zu sein. So viele Menschen sterben, auf beiden Seiten. Das israelische Militär hat so viele Reservisten einberufen, von denen ich auch etliche kenne, vorwiegend ehemalige Arbeitskollegen. Jetzt zittere ich jedesmal,wenn ich höre, dass wieder Soldaten umgekommen sind. Jetzt haben sie plötzlich ein Gesicht. Eine Stimme. Familie. Gerade jetzt höre ich wieder das bedrohliche brummen der Kampfflugzeuge. Shai ist einkaufen gefahren, Yair schläft. Ein bisschen Angst und Bange wird einem da schon. Dabei sind dies "unsere" Flugzeuge. Die Hizbollah feuert ja "nur" Raketen ab... Wer weiss, was noch wird. Wann der Iran eingreift, um die Zerstörung Israels vorzunehmen, die sie als die einzige Lösung betrachten. Shai ist in einer Depression versunken. Er kann einfach nicht fassen, was hier passiert.
Inzwischen bin ich meinen neuen Job angefangen, der sich bisher vielversprechend, aber anstrengend gestaltet. Es gibt viel zu lernen, die Dokumentation ist sehr technisch. GUI macht nur einen kleinen Teil aus, die meisten Operationen werden über das command line interface ausgeführt. Da muss ich mich jetzt erstmal reinarbeiten. Eine Herausforderung ist es allemal. Die Leute sind unglaublich nett, einschliesslich André, mein Chef, und David, der zweite Technische Redakteur. Ich freu mich jedenfalls, die Initiative ergriffen zu haben. Der Abschied von "meinen" Precise/VERITAS/Symantec Leuten war zwar nicht leicht, aber ich bereue meine Entscheidung nicht im geringsten. 12 Minuten Anfahrt morgens, 16 Minuten abends. Was will ich mehr!

Dienstag, 11. Juli 2006

Gen Heimat

Schon wieder rennt uns die Zeit davon. Darüber bin ich allerdings gar nicht traurig, denn morgen fliegen wir für zwei lange Wochen nach Deutschland! Yair weiss (oder versteht) noch nichts von seinem Glück, aber ich freue mich. Zumal Shai mitkommt, nächste Woche dort arbeitet und dann mit uns für vier Tage nach Langeoog fährt. Da lassen wir uns ein bisschen Inselwind um die Nase wehen. Ausserdem werde ich am Samstag endlich Timo und Raphael mal wiedertreffen, in Paderborn. Timo habe ich schon sieben Jahre nicht mehr gesehen!!! Aber die Uni-Zeiten schweissen zusammen, auch wenn wir nur losen Kontakt haben, Timo und ich.
Yair ist nach wie vor ein Wirbelwind. Gestern hatte Attunity, meine neue Firma, bei der ich am 1. August anfangen werde, uns zum Familientag eingeladen -- ab 16 Uhr im Kibbutz HaHotrim. Yair hat sich vernügt ohne Ende. Gespielt und gebadet, gegessen und getollt. Auf der Rückfahrt sind ihm im Nu die Augen zugefallen.
Bald muss ich auch einen neuen Sprachbericht nachliefern, denn sein Wortschatz wächst ja schnell.
Übrigens hatten wir ein schweres Wochenende vor zwei Wochen. Yair war krank und hat angefangen zu brüllen, sobald ihm irgendetwas nicht passte. Ich war schon ganz verzweifelt, dachte: Das ist sie, die Trotzphase! Im Endeffekt hat er sich aber einfach miserabel gefühlt. Inzwischen ist er wieder wohlauf und der "Chaichan" (Lächeler -- eine ständig lächelnde Person), den wir kennen und so über alles lieben.

Sonntag, 25. Juni 2006

NuNuNu!

Es wird Zeit, dass ich zumindest mal wieder ein bisschen von Yairs sprachlicher Entwicklung berichte. Die hat sich inzwischen so beschleunigt, dass es schwer ist, alles hier festzuhalten. Ständig wiederholt er Wörter, um sie wenig später selbständig zu benutzen. Allerdings gibt es auch Wörter, die er inzwischen nicht mehr sagt. Hier also eine kurze Liste, soweit mein Gedächtnis es mir erlaubt...
Dalen = Sandalen
Bane = Banane
Fläs-chen = Fläschchen
Milch
Ball
Tach oder patach (Heb.) = aufmachen
Mala (Heb.) = oben
Mata (Heb.) = unten (manchmal verwechselt er die beiden Wörter auch)
Kos (Heb.) = Glas/Becher
Bima (Heb.) = Bimba, Bobby car
Bama (Heb.) = Bamba, Erdnussflips (die hier von allen Kindern heiss geliebt werden; bisher habe ich mich geweigert, ihm Bamba zu kaufen, aber ich habe inzwischen begriffen, dass es kein Entkommen gibt -- wenn er es nicht von mir bekommt, so erbettelt er es sich auf dem Spielplatz von anderen)
Schon (Heb.) = Lischon, schlafen (er sagt es und legt sein Köpfchen hin)
Deme (Span.) = Gib mir (sicher sagt er noch mehr spanische Wörter, die ich als solche nicht erkenne)
Kum (Heb.) = Lakum, aufstehen (Morgens sagt er: Kum! Mata! -- Aufstehen! Nach unten!)
Gehn = Gehen
Kom = Kommen
Brot/Butterbrot
Kässe = Käse
Nass
Chitul (Heb.) = Windel
Kaka = Kaki, A-a
Tov (Heb.) = gut
Pipi
Tach = Yphtach, unser Nachbarjunge
Mit = Amit, ein anderer Nachbarjunge
Nene (Span.) = Baby
Nununu! = Das macht man nicht (er hebt seine Hand und sagt Nununu! wenn er weiss, dass er etwas macht, was er nicht machen soll)
Ich glaube, mehr fällt mir jetzt erstmal nicht ein, aber sicher gibt es noch einiges mehr. Wie gesagt, es ist unglaublich, wie schnell er dazulernt. Ich staune nur noch...

Dienstag, 6. Juni 2006

Neue Horizonte

Hinter mir liegen anstrengende Tage. Nicht so sehr körperlich erschöpfend, sondern psychisch. Am Montag habe ich gekündigt. Klar dass ich geweint habe wie ein kleines Mädchen. Dabei hatte ich mir so fest vorgenommen, keine Träne zu vergiessen. Mosh, der Merav während ihres Mutterschutzes vertritt, war völlig überrumpelt, hat aber sehr nett reagiert und versucht im Moment alles, mich zum Bleiben zu überreden. Ebenso Gideon. Lisa wusst ja schon Bescheid. Auch Shira aus der Personalabteilung war sehr nett, als ich sie gestern kurz im Vorbeigehen traf. Und Merav war auch sehr verständnisvoll. Nur Nir, unser Abteilungsleiter, kann meine Entscheidung nicht verstehen. Wegen der Entfernung? Näher zu Hause arbeiten? Als ob das solch einen Unterschied machen würde! Ich wäre doch befördert worden, bekäme nur die besten Bewertungen -- nein, er könne nicht nachvollziehen, warum ich plötzlich gehen möchte. Noch dazu während Merav im Mutterschaftsurlaub sei, Version 8.0 am Horizont lauere und wir mitten im Konvertierprozess steckten, weil wir unsere Dokumente fit machen müssen fürs Content Management System. Als ob ich das nicht wüsste! Aber es gibt schliesslich nie einen guten Zeitpunkt, um Abschied zu nehmen. Schwer ist es immer, und meist für alle Beteiligten.
Später hatte ich dann noch eine Auseinandersetzung mit Shai, der ja -- wie immer -- Angst vor Veränderungen hat und deshalb ständig fragt, ob ich sicher bin, dass das das richtige sei; er sähe nicht so ganz, was mir das bringe. Schliesslich sei Symantec eine der besten Firmen, und Attunity befände sich noch im Umbruch. Kurz, ich war sehr enttäuscht und angenervt, weil er mich unsicher machte statt mich in meinem Entschluss zu bestärken. Dabei ist er einfach so. Wenn ich mich an die Zeit erinnere, bevor er bei SAP angefangen hat! Das waren fürchterliche Wochen.
Jetzt werde ich also zum 1. August gehen. Dann fange ich bei Attunity an, nur zehn Autominuten von unserer Wohnung entfernt. André, Leiter Dokumentation & Training, ist super nett und dynamisch, Nirit kenne ich ja schon, ebenso Aki, Dror, Paz und Tomer. Ich bin eigentlich sehr motiviert, aber natürlich weiss man im Endeffekt nicht, ob wirklich alles gut wird. Ob es der richtige Schritt ist? Eigentlich glaube ich schon. Aber zeigen wird das erst die Zeit. Im Moment möchte ich jedenfalls noch nicht an meinen letzten Tag hier denken; das bereitet mir Bauchschmerzen.
Mal etwas anderes. Gestern hat Yair in seinem Plantschbecken auf dem Balkon gespielt. Zwischendurch ist er reingegangen, um seine Birne aufzuessen, am Wohnzimmertisch. Später habe ich ihn dann splitternackt auf den Arm genommen und wir sind in die Küche gegangen, um ein Butterbrot zu essen. Und plötzlich hat er mich von oben bis unten bepieselt... :-) Daraufhin sind wir zusammen unter die Dusche gestiegen. Als wir wieder runterkamen, habe ich dann unterm Wohnzimmertisch eine grosse Pfütze gesichtet -- da hatte er also beim Birneessen auch gleich Wasser gelassen. So ein süsser Fratz. Verstanden hat er es noch nicht, obwohl er ja inzwischen schon ankündigt, wenn er ein Geschäft erledigt hat. Aber Pipi ist doch etwas anderes. Alles zu seiner Zeit. Es ist ja noch sehr früh, er ist ja noch nicht mal 18 Monate alt.
So, jetzt wieder an die Arbeit. Es gibt noch viel zu tun hier, bevor ich das Feld räume.

Montag, 29. Mai 2006

Von fliegenden Sandalen und Bussen

Ich muss mir wohl die Zeit einfach nehmen, sonst komme ich nicht zum Schreiben. So viele Wochen sind ins Land gegangen. Inzwischen habe ich meinen STC Vortrag über "Writing for Localization" gehalten, und er war ein voller Erfolg. Shai war schon wieder für ein paar Tage in Deutschland und hat so unseren Vorrat an Roibush-Tee wieder etwas aufgefüllt. Und Yair gedeiht prächtig. Am Wochenende (einschliesslich Donnerstag) war er etwas krank, und Shai und ich haben uns natürlich angesteckt und niesen und husten um die Wette, aber sonst geht es uns gut. Zumal ich kurz davor stehe, einen neuen Arbeitsvertrag zu unterschreiben -- bei einer Firma nur zehn Autominuten von unserer Wohnung entfernt!
Aber jetzt zu Yair... Am Samstag abend, schon im Schlafanzug aber noch ein bisschen spielend und durch die Wohnung wuselnd, sagte Yair plötzlich laut und deutlich "Kacka!".
Ich: "Hast du in die Hose gemacht?"
Er schaut mich an und ich prüfe nach. Und tatsächlich! Scheinbar hat er da zum erstenmal Ursache und Wirkung erkannt und begriffen, dass er die Windel voll hat. Das ist beachtlich, er ist doch noch so klein.
Am Sonntag morgen ruft Shai mich an. Er könne Yairs Sandalen nicht finden. Ich überlege, schlage dann vor, er solle mal auf dem Balkon nachsehen, Yair habe sie am Abend vorher mit nach draussen genommen. Dann schiebe ich nach: "Und wenn sie da nicht liegen, dann schau mal, ob er sie runtergeworfen hat." Bingo!
Am Freitag waren wir in Tel Aviv, und Yair hat mit grossen Augen Autobusse bestaunt. Seither kommt er davon nicht mehr los. Jedes Auto und jedes Motorrad ist ein "Bus". Am Samstag haben wir zwei morgens im Internet nach Bildern von Bussen gesucht, und jetzt will er ständig zum Computer gehen und sich Busse ansehen. "Bus" ist in diesen Tagen definitiv sein häufigstes Wort. Neben "Birne" oder "'gass" (agass, Hebräisch für Birne) -- alle grossen Früchte wie Birnen, Äpfel, Apfelsinen oder Zitronen -- und "tut" (Hebräisch für Erdbeere) -- alle kleinen Früchte wie Erdbeeren oder Weintrauben. Auch "Sassa" sagt er oft (safta, Hebräisch für Oma).
Am Freitag hat Hana Yair ein neues Bilderbuch geschenkt: Juli lacht (Juli zocheket). Beim Vorlesen hat sie ihm ein paar mal vorgemacht, wie Juli lacht. Und jetzt immitiert er das immer und schleppt ständig das Buch an. Dabei versteht er schon, dass es Mama- und Papa-Bücher gibt (Deutsche und Hebräische), und er trennt meist fein säuberlich.
Soviel erstmal. Jetzt muss ich wirklich an die Arbeit. Wenn mir noch mehr Wörter einfallen, trage ich nach. Er sagt schon so viele, dass ich mir kaum noch alle auf einmal merken kann. Plappert auch schon alles nach. "So" wiederholt er oft, wenn ich sage "So ist das prima!". "Wasser" sagt er auch, aber manchmal halt auch "agua" (aqua, Spanisch für Wasser). "que" sagt er auch auf Spanisch.

Dienstag, 9. Mai 2006

Wieder vereint

Und schon wieder rennt mir die Zeit davon. Shai ist am Donnerstag letzter Woche zurückgekehrt, und seither hatten wir keine Verschnaufpause. Donnerstagabend schneite die Familie vorbei. Sonntag hatte Shai Geburtstag. Gestern waren wir im Theater. Und heute bin ich müde. Fünf Stunden Schlaf sind wirklich nicht ausreichend...
Shai hat übrigens für uns alle prima eingekauft in Amiland. Jede Menge T-Shirts und Shorts für Yair, T-Shirts für Hana, Ruti und Amir, und Schuhe, Hosen und Tops für mich. Alles passt wie angegossen! Jetzt sind wir gerüstet für den Sommer, so dass ich im Juli mit Yair ins Flugszeug steigen kann, um Opas 80. mitzufeiern. Es gibt jetzt einen Charterflug nach Düsseldorf, mit Hapag Loyd! Zwar nur einmal die Woche, so dass mein Heimataufenthalt knapp zwei Tage kürzer ausfällt als eigentlich geplant, aber die Flugzeiten sind wunderbar (kein Nachtflug), es ist kein Anschlussflug notwendig, und der Preis liegt $150 unter Swiss und Lufthansa. Was will ich also mehr?
Vorerst aber muss ich noch hart arbeiten. Nächste Woche Donnerstag habe ich meinen STC-Vortrag "Writing for Localization", und ich bin schon sowas von nervös. Die Powerpoint-Show ist schon mehr oder weniger fertig, aber ich muss noch üben üben üben, damit ich mich nicht ganz heftig blamiere. Oy wa'awoy... Wenn Lisa nicht im Event-Kommittee wäre und mich überredet hätte, ginge es mir heute wohl ein bisschen besser. Aber andererseits muss ich mich so mal überwinden und etwas für meinen Bekanntheitsgrad und meine Karriere tun. Das kann ja eigentlich nur gut sein.
Also an die Arbeit!

Sonntag, 30. April 2006

Aber frag nicht nach Sonnenstich

Ich habe mir gestern einen gehörigen Sonnenstich zugezogen. Ich hatte ja keine Ahnung, wie schlecht man sich fühlen kann...
Alles fing damit an, dass Yair und ich uns mit Deganit, Ori und Ofek in Herzliya am Strand getroffen haben, wie auch schon vor einer Woche. Yair ist drei Stunden lang (von 9 bis 12) nackig durch den Sand gehüpft, gut eingecremt und ohne sich auch nur einen einzigen Flecken Haut zu verbrennen. Ich dachte eigentlich auch, ich hätte mich hinreichend mit Sonnencreme Lichtschutzfaktor 30 eingedeckt, hatte ich doch Ori gebeten, mir den Rücken einzucremen, weil mein Top hinten recht tief geschnitten war. Was ich nicht wusste war, dass dieses dumme Top nach dem Eincremen hinten noch ein Stückchen tiefer rutschte.
Schon auf dem Weg nach Hause hatte ich Kopfschmerzen und fand es ganz ungehörig, dass Yair seinen Mittagsschlaf schon mit unserer Ankunft zu Hause für beendet erklärte. Auch später am Nachmittag wollte er nicht mehr schlafen, während ich mich von Stunde zu Stunde elender fühlte. Abgeschlagenheit, Kopfweh nicht mehr zum Aushalten, Übelkeit. Ich konnte kaum noch Ruhe und Geduld für Yair aufbringen. Das hat er natürlich gemerkt und brauchte wohl deshalb noch mehr meine Nähe, wollte ständig auf den Arm.
Um 18:30 sind wir dann zusammen in die Badewanne gestiegen -- und da habe ich zum ersten Mal meinen Rücken gesehen. Meine Güte, war der rot. Ich habe einen gehörigen Schreck bekommen. Dachte mir, na ja, dann weiss ich wenigstens, warum ich mich so miserabel fühle, und wollte es dabei belassen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass es noch schlimmer kommen sollte.
Nachdem ich Yair gegen 19:30 ins Bett gebracht hatte, habe ich noch das Bett neu überzogen und Küche und Wohnzimmer aufgeräumt und wollte mich dann ausruhen und etwas essen. Aber als ich den Avocado-Salat vom Nachmittag in der Küche stehen sah, hat es mich so geekelt, dass ich ihn einfach in den Müll befördert habe. Danach wurde die Übelkeit schlimmer; die Kopfschmerzen hatten ohnehin schon ihr Maximum erreicht.
Irgendwann rief Shais Mutter an um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Sie kam dann kurz darauf vorbei, um sich meinen Rücken anzusehen und ihn mit Yoghurt zu behandeln. Als sie wieder weg war, war es schon 22 Uhr -- und ich hatte diese endlose Nacht vor mir und Angst, weil ich alleine mit Yair war und mich so schlecht fühlte. Um 22:30 hat Shais Mutter mir dann einen Arzt gerufen, der aber erst um Mitternacht kam. Normalerweise fühlt man sich ja schlagartig besser, wenn der Arzt kommt, aber ich bin erstmal ins Bad gerannt, weil mir alles hoch kam.
Hana ist um 0:30 noch für mich zur diensthabenden Apotheke gefahren. Das dauerte ewig lange, sie kam erst um 2:15 zurück, die Arme. Da hatte ich schon etwas geschlafen und es ging mir besser. Heute morgen bin ich dann zwar etwas wackelig auf den Beinen, aber kopfschmerz- und übelkeitsfrei aufgestanden, habe Yair und mich angezogen, ihn zu seinen Tageseltern gebracht und bin zur Arbeit gefahren. 100%ig fühle ich mich zwar noch nicht, aber eigentlich bin ich ein neuer Mensch. Und jemand, der ganz bestimmt eine Lektion gelernt hat. Als erstes werde ich mir einen Hut kaufen. Und als zweites werde ich nie mehr für so lange und bis mittags an den Strand gehen. Nicht bei dieser Hitze jedenfalls.

Freitag, 28. April 2006

Hier ist man nie allein

Ich bin immer wieder erstaunt, wie hilfsbereit und gastfreundlich die Menschen hier sind. Heute war ich mit zwei Nachbarinnen auf dem Spielplatz. Limor hat eine 7-monatige Tochter, Galit einen 8-monatigen Sohn. Beide haben mir angeboten, am Wochenende für ein paar Stunden auf Yair aufzupassen, wenn ich mal Zeit für mich brauche. Limor hat mich sogar zum Abendessen eingeladen. Beide haben darauf bestanden, dass ich mich bloss melden soll, wenn ich hilfe brauche, weil Shai ja nicht da ist. Es ist unglaublich. Dabei kenne ich die beiden nicht mal so besonders gut.
Sybil hatte gestern auch wieder eine ihrer Geschichten zu erzählen. Michael in Thailand per Taxi auf dem Weg zum Flughafen. Angekommen, bittet er den Fahrer zu warten, damit er einen Kofferwagen holen kann. Als er zurück kommt, ist das Taxi weg... Tja. Daraufhin hat er seinen Flug sausen lassen, um sein Gepäck zurückzuholen. Ob er es ausfindig machen konnte, weiss ich noch nicht, aber die Flüge für die nächsten Tage sind alle ausgebucht; er kann also erst in einer Woche zurückkommen...
Yair hat übrigens schon zwei Backenzähne, und der dritte kommt gerade durch. Auf dem Spielplatz ist er heute gefallen, jetzt hat er an Stirn und Auge eine Schürfwunde. Sieht geküsst aus. Aber süss! Er hat sich auch ein bisschen erkältet, und sein Auge buttert. Das scheint eine Bindehautentzündung zu sein. Mal abwarten, wie es morgen aussieht.
Shai ist eben in San Francisco gelandet und dann per Mietwagen nach Palo Alto gefahren. Gleich trifft er sich mit Mickey. Bisher hat alles prima geklappt, und die Reise hat seinen Wunsch nach einem MBA noch verstärkt. Soviel habe ich ihm bisher entnehmen können.
Ich bin hundemüde. Heute morgen ist Yair um 5 Uhr aufgewacht, war eine Stunde putzmunter und hat dann von 6 bis um 7 noch mal geschlafen. Ich werde jetzt unten noch meinen Tee schlürfen, einen Keks essen und mein längst fälliges Elizabeth George Buch weiterlesen, das ich zu Weihnachten bekommen habe -- zusammen mit einigen anderen Büchern, die ich auch alle noch nicht gelesen habe. Soviel also zum Thema Freizeit. Und Shai beschwert sich, dass ich zu wenig Zeit im Fitnessstudio verbringe! Also dann, mir fallen wirklich gleich die Augen zu...

Montag, 24. April 2006

Ein starkes Team

Shai ist auf USA-Rundreise, um 'seine' Unis abzuklappern, und Yair und ich kommen eigentlich bisher ganz wunderbar zurecht. Mittwoch bis Freitag war Sybille bei uns (Michael ist immer noch in Thailand, er kommt am Freitag zurück), und Samstag sind wir morgens für drei Stunden mit Deganit, Ori und Ofek an den Strand gegangen. Die beiden Kleinen haben zum ersten Mal splitterfasernackt im Sand gespielt und sind im Wasser rumgetollt. Endlich habe ich einen Grund gefunden, ein bisschen Zeit am Meer zu verbringen!
Auf der Rückfahrt ist Yair dann natürlich hundemüde innerhalb von fünf Minuten eingeschlafen und erst zwei Stunden später (und das soll was heissen bei einem Kurzschläfer wie ihm!) wieder aufgewacht. Nachmittags haben wir dann sein neues Plantschbecken auf dem Balkon eingeweiht. Daraus liess er sich später nur unter Protest und wildem Geschrei entfernen, so gut hat es ihm gefallen.
Shai ruft mehrmals am Tag an um uns zu sagen, wie sehr er uns vermisst. Oder vielmehr, er schickt mir SMS mit folgendem Inhalt: "Call." Ihm geht es gut und er geniesst Chicago sehr. Und natürlich die Einkäufe für uns, die er sich nicht nehmen lässt. :-) Heute besucht er Kellogg in Evanston, und am Abend fliegt er weiter nach Philadelphia.
Übrigens hat sich Yairs erstes deutsches Wort inzwischen ganz klar herauskristallisiert: Buch. Wenn das mal kein gutes Zeichen ist! Seit neuestem sagt er auch ständig "tach", wenn er etwas öffnen will (von Hebräisch "liphtoach").

Sonntag, 16. April 2006

Pessach -- Buuuuummm

Inzwischen ist schon Pessach, und wir geniessen jeden Augenblick. Yair hat das Pessach-Mahl bei Shais Oma komplett verschlafen. Ihm sind auf der Hinfahrt die Augen zugefallen und erst um 22:30 wieder aufgegangen. Dann hat er ein bisschen rumgewirbelt und für Stimmung gesorgt, bis wir gegen Mitternacht den Heimweg angetreten haben, auf dem er brav wieder eingeschlafen ist.
Donnerstag haben wir Lior und Emmi getroffen, die für eine Woche Heimaturlaub aus Italien angereist waren. Das war prima, zumal Yair im Haus von Liors Eltern alle Herzen im Flug erobert hat -- wie meistens. Er ist einfach ein kleiner Charmeur mit jeder Menge Humor und guter Laune. Ich habe noch nie ein Kind gesehen, das so viel lacht, so offen und umgänglich ist. Schüchtern ist er fast gar nicht, alle strahlt er vom ersten Moment an.
Freitag standen dann Mirjam und Avi auf dem Program, aber das war leider ein kleiner Reinfall, weil wir zu spät kamen und die beiden schon im Seafood-Restaurant nebenan bestellt hatten, weil angeblich Shais Tischreservierung bei Gilli's nicht existierte und kein Platz war. Wir sassen also auf Barhockern (wunderbar praktisch mit Yair) und wurden so gut wie nicht bedient. Sogar das Besteck musste ich mir selber holen. Es war einfach unglaublich. Hinzu kam, dass Avi uns ein Leid davon klagte, wie wenig umgänglich und erträglich er die Israelis und die israelische Gesellschaft findet und wie wunderbar es doch ist, in Holland zu leben. Shai hatte Mühe, an sich zu halten, denn es ist wirklich nicht so, dass alles hier schlecht ist. Im Gegenteil, ich habe ja die entgegengesetzte Perspektive (von D nach IL), und ich fühle mich hier sehr wohl. Überall gibt es Vor- und Nachteile. Ich schimpfe manchmal über Dinge hier, sehe aber auch, dass vieles besser ist als in D.
Dabei hatte ich mich so gefreut -- Mirjam ist endlich endlich schwanger, nachdem sie so lange versucht und soviel probiert haben. Aber ihr ging es nicht so gut, und überhaupt machte sie keinen so überglücklichen Eindruck, wie ich das eigentlich erwartet hatte. Ausserdem war Yair quengelig, wollte nicht essen und lief ständig herum, so dass wir uns kaum auf irgendwelche Gespräche einstellen konnten. Es war mühselig und alles in allem enttäuschend, obwohl ich mich gefreut habe, sie wiederzusehen.
Heute morgen ist Ruti aus Südamerika wiedergekommen. Ich werde sie heute abend sehen und freu mich schon.
Und jetzt zu Yairs neuesten Leistungen:

  • Er spielt gerne Tür-zumachen-lass-mich-wieder-rauss.

  • Bei allem, was runterfällt, sagt er "buuuuuummmmm" -- auch wenn er selber hinfällt.

  • Zu mir sagt er seit neuestem "San", als ob er mich beim Vornamen nennt.

  • Gestern hat er -- laut Shai -- "Buch" gesagt, als er ein Buch holte.

  • Er sagt "Ham," wenn er essen will oder Essen sieht.
    Er sagt "Hamm," wenn etwas heiss ist ("cham" in Hebräisch).

  • Hin und wieder sagt er "das".

  • Er trinkt jetzt aus Avent-Fläschchen, weil ich letzte Woche alle seine Bibi-Flaschen entsorgt habe, nachdem ich erfahren habe, dass sie wegen des Kunststoff-Skandals nicht mehr importiert werden.

  • Er hat eine Vorliebe für Caro-Kaffee, den wir ihm zubereitet haben, nachdem er ständig unseren Frühstückskaffee trinken wollte.

  • Er hat letzte Nacht durchgeschlafen, und ich bin heute trotz 6 Stunden schlaf so ausgeschlafen wie schon lange nicht mehr.


Shai fliegt übrigens in der Nacht auf Mittwoch nach Deutschland und dann von dort aus am Freitag weiter in die USA (Chicago, Philadelphia, Boston, San Fransisco). Am 4. Mai kommt er wieder. Es fällt ihm unglaublich schwer, uns für zwei Wochen alleine zu lassen. Er war schon ein paar mal kurz davor, alles abzusagen.
So, jetzt muss ich aber noch ein wenig arbeiten. Furchtbar ist das hier, mit all den Pessach-Keksen in der Küche. Ab Donnerstag gehe ich auf strenge Diät, soviel steht fest.

Mittwoch, 29. März 2006

Von wuselnden Schlafanzug-Wichteln

Die Zeit rennt mir davon, und ich komme nicht mal zum Schreiben. Jetzt sind schon fast zwei Wochen vergangen seit meinem letzten Eintrag, und sie waren nicht mal besonders ereignisreich.
Shai hat sich entschlossen, für das nächste akademische Jahr noch mal Bewerbungen einzureichen. Um seine Chancen zu verbessern, fliegt er Ende April für zehn Tage in die USA: Chicago, Philadelphia, Boston, San Francisco. Nette Route, oder? Er wird alle "seine" Schulen besuchen und sich ausserdem mit Mickey treffen, der ja seit August in Berkeley studiert.
Die Wahlen am Dienstag sind eigentlich recht unbemerkt an mir vorübergegangen -- da ich ja ohnehin nicht wählen kann, dank der Deutschen Gesetzteslage, die mir eine Doppelstaatsbürgerschaft verwehrt. Nicht, dass ich dadurch irgendwelche bemerkenswerten Nachteile hätte hier. Wenn ich die hätte, könnte ich vielleicht eine Genehmigung auf Beibehalt der Deutschen Staatsbürgerschaft durchdrücken -- aber mir geht es auch ohne Israelischen Pass gut. Ich darf sogar bei Lokalwahlen meine Stimme abgeben; nur Wahlen zur Knesset sind mir verwehrt.
Ich habe also einen freien Tag mit Yair genossen (Shai hat Stress bei der Arbeit und war trotz "Shabaton" den ganzen Tag im Büro). Wir haben ein bisschen eingekauft, unter anderem Förmchen und Schüppe für den Strand und eine Baseballkappe gegen die Sonne (damit sieht er wirklich umwerfend aus!!!), und sind dann zum Strand gezogen, um ein bisschen zu buddeln und zu bauen und uns "das grosse Wasser" mal ganz aus der Nähe anzugucken. Das Wetter war perfekt -- ein bisschen Sonne, aber gerade so warm, dass wir nicht gefroren haben. Für Israelis natürlich kein Strandwetter, deshalb waren wir auch fast alleine. Ausser ein paar Joggern und Hunden mit ihren Herrchen war niemand da. Es war wunderbar. Dann sind wir gemächlich wieder nach Hause gezuckelt, haben gegessen, ein bisschen bei den Nachbarn gesessen und Shais Eltern besucht.
Gegen 19 Uhr konnte Shai sich endlich von der Arbeit loseisen. Wir haben Yair noch ein bisschen bei Saba und Safta gelassen und sind nochmal auf Sofa-Schau gegangen. Entschieden haben wir uns noch nicht, aber so langsam kristallisieren sich unsere Favoriten heraus. Wird aber auch wirklich Zeit, dass wir das Sofa von Shais Eltern entsorgen. Es hat schliesslich schon etwa 20 Jahr auf dem Buckel und sieht inzwischen mehr schäbig als schön aus.
Habe ich erwähnt, dass Sting nach Israel kommt?! Gestern habe ich Karten für sein Konzert am 8. Juni gekauft. Freu mich jetzt schon drauf!!!
Ansonsten habe ich meinen Urlaub eingereicht, damit ich Opas 80. Geburtstag mitfeiern kann. Nachdem ich schon Papas 50. und Omas 80. verpasst habe, ist das ja nun wirklich ein Muss!
Heute Nacht stellen auch wir (endlich) die Uhr um. Ich freue mich ja auf die helleren Abende, aber dass meine Nacht deshalb um noch eine Stunde gekürzt wird, gefällt mir gar nicht. Auch ohne diesen Wechsel sind wir in den letzten Wochen chronisch müde, zumal Yair in letzter Zeit noch früher als sonst aufwacht. 6:30 ist da noch mässig.
Heute morgen ist er übrigens zum ersten Mal alleine aufgestanden (aus unserem Bett) und hat mich gesucht! Ich habe mir die Haare gefönt, als ich plötzlich ein lautes schluchzen zu hören glaubte. Fön aus, Tür auf -- und da steht der kleine Mann verschlafen aber weinend im Schlafanzug vor mir. So ein süsser Fratz! Als ich etwas später zur Arbeit fahren musste, hat er herzzerreissend geweint. Das geht mir wirklich durch Mark und Bein. Da habe ich es doch lieber, dass er noch schläft, wenn ich mich auf den Weg mache...

Samstag, 18. März 2006

Wharton heisst warten

Am Donnerstag hat Wharton entschieden und Shai auf die Warteliste gesetzt. Jetzt müssen wir bis zum 18. Mai auf die nächste Entscheidung warten. Das ist fast noch schlimmer als eine Absage, denn jetzt wissen wir immer noch nicht, ob wir hier bleiben oder gehen. Aber gedanklich richten wir uns eigentlich darauf ein, dass Shais Traum zumindest in diesem Jahr Traum bleiben wird. Und alles hat ja auch seine guten Seiten. So können wir erstmal unser Leben hier ungestört weiter leben. Zum Beispiel Urlaube planen und ein bisschen in die Wohnung investieren. Ein neues Sofa ist längst überfällig, und den Trocker erträume ich mir auch schon viel zu lange. :-)
Am Freitag haben wir Yair für September im Kinderhort von Rachel Levi angemeldet. Dort hat er sich von Anfang an am wohlsten gefühlt; hat sich sofort in eine Ecke gesetzt und gespielt und sich dann den anderen Kindern genähert. Schüchtern ist er kein bisschen, und an Selbstvertrauen fehlt es ihm nicht. Manchmal ist es schwer zu verstehen; wenn ich an mich selbst als Kind denke...
Bei Rachel gibt es 15 Kinder und drei Erzieherinnen. Rachel ist wie eine Mutter zu ihnen, und man hat das Gefühl, es ist nicht ihr Geschäft, sondern ihre Berufung. Ihr Hort hat Sonntag bis Donnerstag von 7:30 bis 17 Uhr geöffnet und Freitags bis 12 Uhr. Ich bezweifle ja, dass Yair Freitags oft dort sein wird. Schliesslich möchten wir am Wochenende selber unsere Zeit mit ihm verbringen. Schlimm genug, dass wir in der Woche so wenig Zeit für ihn haben. Ausserdem gehen wir Freitag morgens ja zum Schwimmen, zumindest bisher noch.
Shai und Yair sind gerade duschen, und ich warte auf ein Zeichen, um mit dem Handtuch bereitzustehen. Gleich ist das Wochenende schon vorbei, und es war mal wieder viel zu kurz...

Montag, 13. März 2006

Purim sameach


Shai ist noch immer sehr enttäuscht über die Absage von Kellogg und glaubt, dass er seine MBA-Pläne begraben muss. Ich finde, er sollte die Hoffnung nicht ganz aufgeben. Wenigstens bis Donnerstag nicht -- dann fällt Wharton eine Entscheidung.
Am Wochenende war Sybil bei uns, nachdem sie Michael zum Flughafen gebracht hat. Freitag abend haben wir Yair bei Hana und Avraham gelassen (für alle drei ein Fest!) und endlich mal wieder ungestört ein bisschen gefeirt, bei Amir. Trotz Shais Absage gab es einen kleinen Grund, denn ich bin am Donnerstag befördert worden. Jetzt bin ich "Senior Information Developer", und mein Gehalt ist noch ein bisschen gestiegen. Wen würde das nicht freuen!
Samstag morgen haben wir im "Mezzo" am Yachthafen in Herzliya gefrühstückt, mit Sybil, Deganit, Ori und Ofek. Blauer Himmel, Sonnenschein, eine leichte Brise, kurz: es war wunderbar. Allerdings plagt mich noch heute der Sonnenbrand, den ich mir zugezogen habe... Yair hat es genossen und ist durch die Gegend gewirbelt wie ein Wilder.
Am Sonntag dann habe ich meinen kleinen Spatz früh abgeholt und bin mit ihm zur Adloyada nach Ra'anana gefahren. Als kleiner Drache ist er unter den vielen Prinzessinnen, Clowns, Elefanten, Marienkäfern, Cowboys, usw. gar nicht gross aufgefallen. Er fand sein Kostüm prima, vor allem das Kreischen des Drachen auf Knopfdruck. Für mich war es ein bisschen anstrengend, mit Kind und Kinderwagen durch die Menge zu schieben, zumal Yair ja nicht sitzen, sondern laufen wollte. Aber schön war es trotzdem, und gelohnt hat es sich.
Osnei Haman (Hamantaschen) habe ich auch schon genug gegessen. Deshalb ist es gut, dass heute der eigentliche Purim Feiertag ist -- und dann ist Schluss mit dem Naschen. Vielleicht komme ich ja dann doch mal wieder öfter ins Fitnessstudio...? Shai würde es freuen. Er drängt mich schon immer, mein Abo zu kündigen, weil ich sowieso nur maximal einmal pro Woche gehe. Aber so habe ich wenigstens die Option -- und der Wille, öfter zu trainieren, ist ja da, bloss den Weg sehe ich nicht, weil ich immer so erschlagen bin. Habe ich erzählt, dass ich am Sonntag um 22:00 Uhr ins Bett gegagen bin???

Donnerstag, 9. März 2006

Good-bye Kellogg

Heute hat Shai seine erste Absage bekommen. Er war so enttäuscht, dass er morgens gar nicht ansprechbar war und mittags, selbst am frühen abend noch nur bedingt. Wir haben so viel Arbeit in die Bewerbung gesteckt (und Geld). Und natürlich ist es eine persönliche Zurückweisung -- das tut weh. Inzwischen trägt er es schon mehr mit Fassung. Es sollte halt nicht sein. Eine kleine Hoffnung gibt es ja noch, und die heisst Wharton. Dass Stanford, Harvard, oder MIT sich noch melden, daran glaubt er ohnehin nicht mehr.

Und so sah die Nachricht aus:
Dear Shai:

The Admissions Committee has completed its review of your application for the Kellogg School of Management and Two-Year Program. Despite your many merits as a candidate, I regret to inform you that we are not able to offer you a place in the entering class.

The Admissions Committee carefully evaluated your application in the following areas: work experience, career plans, academic ability and performance, extracurricular and community involvement, leadership and interpersonal skills. Decisions are based upon a thorough evaluation of your individual strengths and weaknesses, as well as your qualifications relative to all others in our applicant pool. This decision is not a reflection of your personal qualities and achievements or your potential for success in management, but merely a reflection of the limited number of places in the class.

We certainly wish you the best of luck in your future endeavors, and thank you for your interest in the Kellogg School of Management and Two-Year Program .

Sincerely,

Beth Flye
Director of Admissions and Financial Aid

Dienstag, 7. März 2006

Knockout oder die Wunder der Medizin

Am Sonntag hat Yair gegen seinen zwar minimalen aber dafür sehr hartnäckigen Schnupfen von Dr. Sloan einen Saft verschrieben bekommen. Den soll er jetzt einen Monat lang nehmen, und wenn er nicht hilft, müssen Antibiotika her.
Vorgestern abend habe ich ihm also die erste Portion verabreicht, Shai dann gestern Morgen die zweite. Um 10:45 Uhr -- ich sitze gerade am "runden Tisch" mit etwa 12 Kollegen, der Personalleiterin und unserem Geschäftsführer hier (und ich sitze genau zwischen den beiden) -- rufen Andi und Ruti an. Schnell schleiche ich mich aus dem Raum. Yair schlafe schon den ganzen Morgen, habe noch nicht mal sein Fläschchen getrunken, das er sonst zwischen 8 und 8:30 bekommt. Ob das von der Medizin kommen könne?
Keine Ahnung. Voller Sorge rufe ich direkt den Kinderarzt an, aber der ist natürlich erst nachmittags in der Praxis. Rückversichere mich bei Shai, dass er Yair morgens wirklich nur 2,5 ml gegeben hat. Rufe Andi zurück und schleiche mich dann wieder ins Konferenzzimmer, auf meinen strategisch geschickten Platz.
11:45 klingelt wieder mein Handy. Andi. Erneut schleiche ich mich nach draussen. Yair schlafe immer noch. Es scheine ihm gut zu gehen, er atme normal und habe kein Fieber, aber sie könnten ihn nicht wecken, er schlafe immer wieder ein. Ich weiss mir keinen Rat, versuche noch einmal, den Arzt zu erreichen. Diesmal ist die Sprechstundenhilfe am Apparat. Nein, Dr. Sloan sei noch nicht da, er komme in etwa einer halben Stunde. Ich schildere ihr das Problem. Sie schaut im Computer nach, um welche Medizin es sich handelt, meint dann aber kategorisch, daran könne es nicht liegen, die sei zu sanft. Ich solle aber später noch mal anrufen und mit dem Doktor sprechen.
Also zurück in die Besprechung. Fünf Minuten später -- mein Handy klingelt. Noch einmal schleiche ich mich aus dem Zimmer. Andi. Yair sei jetzt aufgewacht und trinke sein Fläschchen. Alles in Ordnung. Er sei zwar noch etwas verschlafen, aber sonst gehe es ihm gut. Ich bin erleichtert, möchte aber trotzdem mit dem Arzt sprechen. Erneut kehre ich zurück an den Runden Tisch, um die abschliessenden Bemerkungen unseres Geschäftsführers zu hören.
Als ich um 12:40 endlich Dr. Sloan am Aparat habe, meint er, natürlich, das könne von dem Medikement herrühren. Ich solle einfach die Dosis auf 1,5 ml herabsetzen. Kein Grund zur Sorge, das könne vorkommen.
Trotzdem besorge ich mir später in der Apotheke eine Spritze, damit ich genau abmessen kann. Ausserdem will ich überprüfen, ob der Messbecher, der zum Saft gehört, in Ordnung ist. Aber alles stimmt. 2,5 ml mit der Spritze sind 2,5 ml im Messbecher.
Gestern abend habe ich Yair also nur 1,5 ml gegeben. Trotz seines ausgedehnten Vormittagsschlafes hat er ab 20:45 geschlafen. Gegen Mitternacht hat er nochmal kurz geweint, wie üblich, aber als ich mich um 6:30 auf den Weg zur Arbeit gemacht habe, schlief er immer noch brav in seinem Bettchen. Ich hoffe sehr, dass dieser Tag besser verläuft und die Medizin anschlägt -- aber nicht so wie gestern.

Montag, 6. März 2006

Von Wuuuus und anderen Dingen


Am Samstag haben wir endlich Sybille und Michael besucht, die im Januar in ihre eigene Wohnung gezogen sind -- nach drei langen Jahren im Hause von Michaels Mutter. Jetzt wohnen sie im Kibbutz Dgania. Es ist traumhaft dort, für Kinder ein Paradies!
Wir haben Yair mit zu den Kälbchen und Kühen genommen. Einige waren erst wenige Tage alt und so süss! Yair war völlig perplex, wohl aber auch, weil er müde war. Später in der Hundepension eines anderen Kibbutz hat er ähnlich grosse Augen gemacht. Und als ein Eselpaar uns mit kräftigem "Iaaaaa" begrüßte, wusste er gar nicht mehr, was los ist. Als Shai seine Hand geführt hat, um einen der Esel zu streicheln, hat Yair ein bisschen ängstlich und ungläubig gelächelt -- und sich dann richtig gefreut. Ich glaube, er hatte einen wunderbaren Tag.
Später hat er dann die ersten Haman Ohren in seinem Leben gegessen. Und eine ganze Kiwi, unpüriert vom Löffel. Erdbeeren findet er übrigens auch klasse, und Mais ebenso -- den hat Shai ihn gestern zum ersten Mal probieren lassen. Jeden Tag eine Premiere.
Habe ich schon erzählt, dass Yair mit wachsender Begeisterung "Aba" und "Mama" sagt? Und seit neuestem läuft er aufgeregt zum Fenster, wenn er draussen einen Hund bellen hört, und ruft laut "Wuuuu!", was wohl soviel wie "Wauwau!" heissen soll. Es macht so viel Spass, ihn dabei zu beobachten, wie er die Welt entdeckt und begreift.
Nächste Woche ist übrigens Purim (am 14.). Die Adlojada ist in Ra'anana schon am Freitag (10.). Wir werden sie uns gemeinsam mit Deganit, Ori und Ofek anschauen. Das heisst auch, dass ich für Yair eine Verkleidung kaufen muss. Oder vielleicht auch nur eine Mütze mit Hasenohren oder sonst irgendetwas lustiges. Ich freu mich schon.

Sonntag, 26. Februar 2006

Frühlingsfreuden

Die Zeit fliegt dahin, und schon streckt der Frühling langsam seine Fühler aus. Am Freitag hatten wir zum ersten Mal in diesem Jahr Sharav (Chamsin); das ist ein östlicher warmer, trockener Wind, der uns ganz plötzlich 30 Grad bescherte. Am Samstag war es wieder deutlich kühler, die Luft voller Sand, der Himmel wolkenverhangen und regenschwer.
Viel hat sich inzwischen eigentlich nicht ereignet. Shai wartet immer noch auf sein Kellogg-Gespräch, das für den kommenden Freitag angesetzt ist. Da er heute Nacht wieder mal nach Deutschland fliegt und erst in den frühen Morgenstunden des Freitag wiederkommt, wird ihm die Zeit sicher schnell vergehen. Das heisst auch, dass ich am Freitag alleine mit Yair zum Babyschwimmen fahre, damit Shai sich ausschlafen und Energie tanken kann.
Yair hat inzwischen fünf Zähnchen und beisst und kaut schon ganz ordentlich. Gestern habe ich ihm zum ersten Mal die Zähne mit einer richtigen kleinen Zahnbürste und Zahnpasta geputzt. Das fand er viel besser als den Fingerling, den wir bisher benutzt haben, vermutlich wegen der lecken Zahnpasta. Davon konnte er gar nicht genug bekommen. Mal sehen, wie lange das anhält...
Gestern ist er zum ersten Mal zum Klang seiner Sigikid Spieluhr (LaLeLu) eingeschlafen. Ich singe ihm eigentlich immer "Guten Abend, gute Nacht" vor, aber in letzter Zeit ist er immer noch so hellwach, wenn er ins Bett geht, dass es lange dauert, bis er schläft. Die Spieluhr hat ihn irgendwie eingelullt, nachdem die erste Aufregung vorbei war. Ob das heute abend wieder klappt?
Am Wochenende sehe ich endlich Sybil mal wieder. Eigentlich wollten wir die "weite" Reise zum Kinneret antreten, um sie zu besuchen, aber Michael fliegt am Samstag für 6 Wochen nach Thailand, und so kommt sie auf dem Rückweg vom Flughafen bei uns vorbei. Wir werden uns dann an einem der nächsten Wochenenden auf den Weg ins Grüne machen. Jetzt ist die schönste Zeit zum Reisen, denn langsam fängt alles an zu blühen, Wiesen, Felder und Bäume sind kräftig grün, und die Luft ist angenehm mild. Im Wäldchen Ilanot unweit unseres Hauses blühen sicher schon die Iris, aber wir sie noch nicht gesehen. Das müssen wir schleunigst machen, bevor das Fenster sich wieder schliesst. Wie schön, dass es Frühling wird!

Samstag, 18. Februar 2006

Geschenke (im Papierkorb)


Gestern haben wir Yairs Geburtstag mit Shais Familie gebührend gefeiert: beim Brunch mit 17 Erwachsenen und 6 Kindern. Vorbereitet haben wir (fast) alles alleine. Viel Arbeit wars, aber gelohnt hat sichs!
Shai hat die organisatorische Seite des "Projekts" geleitet -- eingekauft, Stühle besorgt, neue Blumen für unsere Balkonpflanzen organisiert und anschließend Küche und Wohnzimmer aufgeräumt -- und einen Avokadosalat gezaubert.
Ich habe seit Mittwoch abend in der Küche gestanden, um Chaja (ein Südamerikanischer Nachtisch mit Karamel, Pfirsichen, Sahne und Butterkeksen), Rotweinkuchen, Kartoffelsuppe, Antipasti, Champignonlasagne, und verschiedene Salate vorzubereiten (Tomate/Mozarella, Tomate/Gurke mit Pinienkernen, Babysalat mit Wallnüssen und Granatapfel). Dazu gab es Jachnun, eine Käseplatte und Brot. Shais Mutter hat noch Kugel, Spinatauflauf und Thunfischsalat beigesteuert, und seine Oma brachte unerwartet Reibekuchen aus Batata und Gemüse mit. Und jetzt haben wir so viele Reste im Kühlschrank... Davon können wir wohl die ganze Woche noch essen. Ach, und nur zum Vergleich mit Deutschen Verhältnissen: Diese 17 Erwachsenen haben es nicht mal geschafft, zwei Flaschen Wein zu leeren. So viel zum Alkoholkonsum in Israel...
Yair war jedenfalls der Mittelpunkt der Feier, und er hat es in vollen Zügen genossen. Alle haben ihm Geschenke mitgebracht (und wirklich schöne noch dazu!) und mit ihm gespielt; er war rundum glücklich. Am liebsten mag er wohl den Xylophon-Hund, den Amir ihm auf unseren Vorschlag hin gekauft hat. Und den Nachtisch -- damit hat er sich gehörig den Bauch vollgeschlagen. Als abends die Nachbarn mit einem Geschenk erschienen und es noch mal Kuchen gab, hat er weitergeschlemmt. Davon kriegt er nicht genug. Das muss er wohl von mir haben.
Gegen 20:30 habe ich ihn endlich ins Bett gebracht. Er war so aufgedreht, dass er zum Einschlafen eine volle halbe Stunde gebraucht hat; aber dafür ist er zum ersten Mal in die Welt der Träume entwichen, ohne meine Haare festhalten zu müssen. Und dann hat er bis nach 8 Uhr heute morgen geschlafen, davon bis 5:30 in seinem eigenen Bettchen ohne zwischendurch wachzuwerden. Das soll was heissen!
Jetzt hat die Woche wieder angefangen und ich bin müde, obwohl ich gestern schon um 22 Uhr ins Bett gegangen bin (kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal so früh geschlafen habe; aber ich bin ja auch noch nie an einem Samstag freiwillig um 6 Uhr aufgestanden).
Mal wieder nebenbei: Shai hat am Donnerstag abend in Kelloggs Admission Office angerufen, um seinen Interviewtermin festzulegen -- 3. März, 19 Uhr unserer Zeit. Jetzt muss ich ihm wieder bei der Vorbereitung helfen. Er murmelt schon ständig irgendwelche Antworten vor sich hin und möchte, dass ich ihm Fragen stelle...

Mittwoch, 15. Februar 2006

Luftballons für einen Sonnenschein

Ohne dass er es weiss, ist heute Yairs grosser Tag: ein Jahr ist er alt -- und kein bisschen Baby mehr! Hier die Leistungen der vergangenen Woche:
  • Wenn ich ihn frage, wo meine Nase ist, greift er mir mitten ins Gesicht.
  • Wenn ich ihn frage, wo seine Füsse sind, versucht er, seinen Schuh zu fassen.
  • Wenn ich ihn um einen Kuss bitte, gibt er mir einen völlig feuchten Schmatz auf die Wange. Das fühlt sich eher an, als wolle er mich aufessen.
  • Wenn ich ihn frage, wo Papa ist und sage "ruf doch mal: Aba!" lacht er und ruft "Aba", aber nur, wenn er wirklich will.
  • Und seit gestern, wenn ich ihn frage, wie gross er ist, hebt er die Arme hoch über den Kopf und freut sich.

Passend zum Geburtstagskuchen sind gestern Yairs nächste Zähnchen gesprossen -- das zweite und dritte, und das ganz ohne Theater. Bis zur Feier am Samstag können sie noch ein bisschen wachsen.
Heute abend blasen wir Luftballons auf und packen Geschenke aus. An der Haustür prangt schon seit kurz vor Mitternacht Pooh der Bär mit einem riesigen יום הולדת סמח! (Einen glücklichen Geburtstag!). Geburtstagslieder haben Shai und ich schon im Morgengrauen gesungen, und Yair, ohnehin glücklich weil wir um 6:30 beide noch zu Hause waren und noch dazu so fröhlich, war zufrieden und hat es genossen. Natürlich ging das Geschrei los, als ich mich um 7:10 völlig verspätet endlich auf den Weg machen musste. Aber er hat sich schnell wieder beruhigt.
Andi und Ruti, seine Tageseltern, haben ihn mit bunten Ballonen und griffbereitem Fotoaparat empfangen, um stolz wie zwei Grosseltern die ersten Geburtstagsbilder zu schiessen.
Übrigens hat Shai gestern eine Einladung zum Telefon-Interview von Kellogg (Northwestern University) bekommen. Damit hat er auch dort die erste Hürde genommen und die Chancen steigen weiter. Wir dürfen gespannt sein.
Ausserdem sind wir zu Ehren von St. Valentin tatsächlich gestern noch etwas Essen gegangen. Safta Hana kam rüber zum Babysitten. Für zwei Stunden Zweisamkeit.

Dienstag, 14. Februar 2006

Valentinstage

Nur ganz kurz heute, ich bin ja schließlich bei der Arbeit...
Heute vor einem Jahr war unser letzter Tag als Paar -- ohne dass wir es wussten natürlich, obwohl ich schon so eine Ahnung hatte, dass die Geburt kurz bevor steht. Valentinstag. Damals hat Shai gemeint, jetzt gehe die Ära "Shai und Jeanne" zu Ende, und ich habe geweint, weil das so traurig klang. Gestern habe ich wieder geweint, weil er wohl recht hatte.
Wir haben einfach nicht mehr viel Zeit für uns; zumindest kaum noch Zeit, um mal rauszugehen. Damals habe ich gesagt, wir müssten uns vornehmen, einen Abend pro Woche uns zu widmen und etwas zu unternehmen. Pustekuchen! Das liegt wohl mehr an mir, weil ich in der Woche zu müde bin, um bis Mitternacht zu tanzen. Und weil ich nicht bereit bin, rauszugehen, bevor Yair schläft. Andererseits, wenn wir einen Babysitter hätten, der zu uns nach Hause kommt, könnten wir uns vielleicht leichter mal für ein paar Stunden wegstehlen. Aber so müssen wir Yair jedes Mal zu Shais Eltern karren, und dann geht er spät ins Bett, zu müde und überdreht.
Es ist schon alles nicht so einfach. Als Eltern braucht man so viel mehr an Energie. Aber um nichts in der Welt wollte ich Yair wieder hergeben. Und da sind Shai und ich uns einig. Wir sind kein Paar mehr, nein. Aber wir sind eine wunderbare Familie. Happy Valentines!

Sonntag, 12. Februar 2006

Die erste Narbe?


Jetzt habe ich schon fast eine Woche nichts mehr gebloggt... Dabei hatte ich mir doch Regelmässigkeit vorgenommen.
Am Samstag ist Yair ganz blöd gefallen. Mit dem Stoffhund in der Hand, den Shai ihm Aus D mitgebracht hat, hat er sein Gleichgewicht verloren und ist vornüber mit den Kopf an den Tisch geknallt. Er hat so geschrien! Ich habe das kleine Bündel ganz schnell in den Arm genommen, aber er hat geweint und geweint. Shai kam von Oben herunter um zu sehen, was passiert ist. Und dann haben wir entdeckt, dass Yair über seinem rechten Auge blutete. Nicht heftig, aber halt nah am Auge. Nachdem wir die Notfall-Hotline der Krankenkasse angerufen hatten, sind wir dann losgefahren in die Notaufnahme unserer Krankenkasse in Ramat HaSharon. Alles ist gut, Yair hat Glück gehabt. Ob eine Narbe bleiben wird?
Dass mir die Kommentare von Shais Mutter zum Thema auf die Nerven gehen, muss ich wahrscheinlich gar nicht extra erwähnen. Sagte sie doch gestern zu Yair: "Ach Yairi, sie müssen auf dich aufpassen, stimmts?" Daraufhin ich: "Nein, Yair, also von heute an passe ich nicht mehr auf dich auf. Jetzt reicht es mir." Pffffffttt...
Abgesehen von diesem Zwischenfall war unser Wochenende wunderbar. Shais Eltern und Amir waren am Freitagabend zum Essen ausnahmsweise mal bei uns; was natürlich heisst, dass ich kochen musste und den Grossteil des Nachmittags in der Küche stand -- aber es war wirklich nett. Mein Gulasch war super, und der Rotweinkuchen ist mir so gut gelungen wie noch nie.
Ansonsten waren wir ganz Familie und hatten unglaublich viel Spass. Yair war so süss! Langsam fängt er an, Worte nachzusprechen und auf Aufforderungen zu reagieren. Gestern habe ich ihn gefragt, wo meine Nase sei, und er hat mir mitten ins Gesicht gegriffen. Und wenn ich ihn frage "Wo ist der Papa? Ruf mal "Aba"!", dann ruft er "Aba" und strahlt wie ein Honigkuchenpferd.
Ausserdem kommt er seit neuestem immer zwischendurch zum "Andocken" zu mir. Wenn ich auf dem Boden sitze und seinem Spiel zuschaue, kriecht er plötzlich rüber und legt seinen Kopf in meinen Schoss oder rubbelt seine Nase an meinem Arm. Das ist so niedlich. Wie ich dieses schon nicht mehr so kleine Würmchen liebe!
Am Freitag haben wir ein Geburtstagsgeschenk für Yair gekauft. Das gibt es aber natürlich erst am Mittwoch. Ein Jahr ist er schon alt, ich kann es gar nicht fassen.
Ansonsten ist diese Woche ausgefüllt mit Vorbereitungen für seine Geburtstagfeier am Samstag. Heute Abend kommt Esther, um in Yairs Zimmer die Gardinen aufzuhängen, die sie für ihn genäht hat. Ich bin gespannt.

Dienstag, 7. Februar 2006

Was für ein Tag

Seit drei Tagen versuche ich nun schon, Sybille zu erreichen. Seit drei Tagen ist ihr Handy ausgestellt und sie antwortet nicht auf emails. Heute habe ich endlich mit Shlomit, ihrer Schwägerin, sprechen können -- nachdem mir die unmöglichsten Gedanken im Kopf herumgespukt sind: In meiner Phantasie war Sybille schon krank oder nach einer Trennung von Michael Hals über Kopf zurück in die Schweiz gereist. Ich habe mir solche Sorgen gemacht!
Dabei ist sie einfach nur für eine Woche mit Michael in der Türkei, um mal richtig auszuspannen und die Beziehung zu pflegen. Ihre Firma, der es nicht besonders gut geht, hat sie kurzerhand in den Zwangsurlaub geschickt. Uffff!!!
Überall habe ich herumtelefoniert, hundertmal -- Michaels Mutter (nicht zu Hause), die Auskunft (keine Auskunft), Shlomits handy (ausgestellt), Shlomits Nr. zu Hause (nicht mehr in Betrieb). Bis Gila, unsere Sekretärin hier, die Nummer von Shlomits Mann herausgesucht und mir über ihn Shlomits neue Festnetznummer besorgt hat. Als ich Shlomit endlich am anderen Ende der Leitung hatte, sind mir ein Dutzend Steine vom Herzen gefallen, dass alles gut ist. Keine Ahnung, was in mich gefahren ist, so hysterisch zu reagieren...
Abgesehen davon hat Lisa mir erzählt, dass die STC einen Web master sucht. Ich habe also mit Debbie, der jetzigen Web masterin, gesproche, weil mich das wirklich interessiert und ich sicher irgendwie fünf Stunden monatlich dafür aufbringen könnte. Aber sie sucht jemand mit mehr technischem Hintergrund. Ich könnte mich sicher einarbeiten, aber das würde anfangs sicher sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Jedenfalls wird Debbie mich anrufen, falls es ihr gelingt, die Aufgabe zwischen verschiedenen Leuten zu teilen.
Die STC sucht auch noch jemand für einen Newsletter. Vielleicht werde ich Debbie darauf noch mal ansprechen. Das klingt fast noch interessanter -- scheint mir aber auch viel aufwendiger zu sein, und so viel Freizeit habe ich dann doch nicht. Mal sehen. Es heisst also einmal mehr: Abwarten.

Montag, 6. Februar 2006

Abwarten

Gestern hatte Shai sein Wharton Interview. Er war begeistert und meinte, es sei prima gelaufen. Wir werden sehen. Jetzt heisst es jedenfalls: Warten bis zum 16. März, dem Tag der Entscheidung.
Ich hatte gestern nachmittag mein zwei-monatliches Gespräch mit Nir, unserem Abteilungsleiter. So ein Graus. Er ist aalglatt, geschniegelt und kalt. Wenn er überhaupt mal lächelt, dann bleiben seine Augen unberührt. Kein Wort über unsere vierteljährliche Bewertung letzte Woche, bei der ich mit 4 sehr gut abgeschnitten habe. Kein Wort auch über den Wiki, an dem ich seit Wochen hart arbeite und der schon wirklich klasse aussieht und bald "fertig" wird. Merav, unsere Teamleiterin, hingegen stellt alles immer ganz anders dar. Sie vergöttert Nir. Ich begreife diese Diskrepanz nicht.
Hinzu kommt, dass wir versuchen, zur STC Konference im Mai nach Las Vegas zu fahren. Gerade arbeiten wir daran, einen "business case" aus dieser Veranstaltung zu machen -- warum wir teilnehmen möchten, was uns die Konferenz bringt, was die Firma dadurch gewinnt, und so weiter. Aber Nir meinte gestern, wir sollten nicht mit zu hohen Erwartungen an die Sache herangehen. Die Chancen, das auch nur einer von uns fliege, seien sehr gering.
Kurz gesagt, meine Motivation ist im Moment am Nullpunkt angelangt. Ich denke, wenn wir nicht nach AmiLand ziehen, werde ich im Sommer anfangen, mich nach alternativen Jobs umzusehen. Hier kann ich mich beruflich jedenfalls nicht mehr verbessern. Traurig eigentlich, denn ich fühle mich in unserer Firma sehr wohl, und es ist mir noch nie passiert, dass ich morgens nicht aus dem Bett kam, weil ich nicht zur Arbeit gehen wollte. Auch hier heisst es also: Abwarten.

Donnerstag, 2. Februar 2006

Wochenausklangsgrübeleien


Gleich stürme ich endlich ins Wochenende. Ein graues, kühles, der Vorhersage nach, aber ich freue mich drauf. Nicht, dass ich heute wirklich etwas zu berichten hätte... Vorgestern ist unser neuer digitaler CamCorder angekommen. Ich habe schon einige Minuten gefilmt. Es ist wunderbar, endlich Yairs Bewegungen und Äußerungen festhalten zu können.
Sein erster Geburtstag nähert sich, und wir planen. Shai möchte die ganze Familie samt Anhang zum Frühstück/Brunch (meine Idee) einladen, sprich Eltern, Geschwister, Onkel, Tanten und Cousins... Seine Familie ist ja nicht besonders groß, aber 25 Leute kommen da doch zusammen. Und das in unserer bescheidenen Bude! Aber da werde ich wohl nicht drum herum kommen.
Überhaupt wird es Zeit, dass ich mich auf die hiesigen Erwartungen einstelle. Meine Teamleiterin engagiert für den 4. Geburtstag ihres Sohnes einen Clown und mietet ein Lokal. Zuzüglich der kleinen Überraschungen, die die kleinen Gäste mit nach Hause nehmen, blättert sie dafür über NIS 1.000 hin. Und das ist üblich hier. Ein popeliger Kindergeburtstag zu Hause mit ein paar Kindern, Würstchen und Kartoffelsalat kommt gar nicht in Frage. Eingeladen werden alle Kinder der Gruppe oder Klasse, und das sind nicht wenige, wenn man bedenkt, dass die Schulen teilweise fast 40 Kinder in einer Runde zusammenscharren. Über Kindergeburtstage hinaus frage ich mich, wie da effektives Lernen möglich ist, aber das steht auf einem anderen Blatt.
So, jetzt werde ich noch ein bisschen arbeiten, bevor ich eile, um meinen Spatz von seinen Tageseltern abzuholen.

Dienstag, 31. Januar 2006

Konzentrieren bitte!

Seit Shai die Inverview-Einladung bekommen hat, habe ich wieder enorme Probleme, mich bei der Arbeit zu konzentrieren. Ständig ertappe ich mich dabei, mehr und mehr relevante Infos zu suchen. Ich muss mich endlich mal zusammenreissen und hier etwas schaffen, statt ununterbrochen zu googeln (und zu bloggen!)... Ich bin hin- und hergerissen zwischen Hoffen und Bangen, Bangen und Hoffen. Wird es ein grosses Abenteuer, das uns alle (drei) bereichert -- oder riskieren wir zu viel? Am Ende bleiben wir gar hier, dann habe ich mich umsonst durch so viel Material gelesen.

Montag, 30. Januar 2006

Tzad rishon oder Die ersten Schuhe

Jetzt sind schon wieder zwei Arbeitstage rum, und ich hatte noch keine Gelegenheit, vom Wochenende zu berichten. Abgesehen davon, dass Shai und ich den ganzen Freitag über gestritten haben, über Gott und die Welt im Allgemeinen und seine Familie/seine Mutter im Besonderen, habe wir Yair endlich seine ersten Schuhe gekauft. Echte Elephanten-Schuhe, damit er sich gut einläuft. Etwas unbeholfen ist er damit durch den Laden stolziert. Er hat seine Füßchen immer kräftig hochgehoben und war sichtlich irritiert ob der Dinger, die ihn da am Laufen hinderten. Dann ist er der Länge nach hingefallen, war ja klar, und zu unser aller Entsetzen war danach sein ganzer kleiner Mund voller Blut. Das stellte sich schließlich aber als nicht allzu schlimm heraus. Er hatte sich einfach mit seinen beiden unteren Schneidezähnchen ein wenig den Kiefer verletzt. Sobald er seinen geliebten Schnuller im Mund hatte, hat er sich beruhigt, und kurz darauf ist er eingeschlafen. Vielleicht aus einem Schockzustand heraus. Aber vermutlich ist er einfach hingefallen, weil er ohnehin schon müde war.

Ansonsten ist eigentlich nicht viel passiert. Nach unseren Streitigkeiten haben Shai und ich uns dann doch noch einen schönen Abend gemacht, und am Samstag sind wir morgens dann mit Yair nach Herzliya zur Jimbori gefahren, damit er sich ein bißchen mit anderen Kindern austoben konnte. Shai hat ihn dann anschließend mit zu Safta Shula (Tata) nach Tel Aviv genommen, und ich habe mich endlich mal ungestört mit Liat getroffen. Das war wirklich nett und hat mir persönlich sehr gut getan.

Shai hat sein Wharton-Interview festgemacht: am Sonntag, 5. Februar, um 17:00. Ich bin sehr gespannt. Gerade lese ich das online Tagebuch eines Studenten, der Frau und Tochter hat. Spannend. Keine Ahnung, wie wir das schaffen können. Er hat nicht mal Zeit zum Schlafen. Leider schreibt er über Frau und Tochter wenig, sprich was sie tagsüber machen, wie sie mit eingebunden sind. Aber ich habe den Eindruck, dass es viele soziale Ereignisse gibt, an denen sie teilhaben. Und sie laden ständig Leute ein. Aber bevor ich mich zu sehr einlese -- sollte ich mich vielleicht daran erinnern, dass alles noch in den Sternen steht. Mentale Vorbereitung gut und schön, aber ich bin schließlich hier und sollte mich nicht so viel in Tagträumen verlieren.

Soviel also für heute. Jetzt gehe ich endlich mal etwas essen. Yair schläft, Shai ist noch bei der Arbeit und trifft sich dann mit einem Freund, und ich werde mich gleich mit einem Butterbrot vor den Fernseher setzen und meinen Tag mit ARD oder ZDF ausklingen lassen...

Donnerstag, 26. Januar 2006

Das erste Interview

Yair schläft seelig, schon seit kurz vor acht. Shai ist im Fitnessstudio, und ich kann mich nicht vom PC loseisen, um endlich mal ein bisschen aufzuräumen und etwas zu essen. Stattdessen organisiere ich Shais erstes Interview -- denn vorgestern hat er doch tatsächlich seine erste Einladung bekommen, von Wharton!
Wir sind beide aufgeregt; obwohl noch immer alles sehr vage ist, wird die Möglichkeit langsam konkreter. Das ist spannend, macht aber auch Angst. Schliesslich geht es uns gut hier. Ich liebe meine Familie, unsere Wohnung, meinen Job. Erst kürzlich habe ich mein Fitnessprogramm wieder aufgenommen; jetzt fühle ich mich ausgeglichen und rundum zufrieden mit mir und meinem Leben.
Das alles verlassen, innerhalb kurzer Zeit, um sich auf der anderen Seite des grossen Teiches wieder etwas Neues aufzubauen, noch dazu, wo es so viele Unbekannte gibt (werde ich über meine Firma eine Arbeitsgenehmigung bekommen, und falls nicht, was werde ich tun? wie wird Yair mit der Veränderung fertig werden -- Umgebung, Menschen, Sprache? wird Shai überhaupt Zeit haben für uns, immerhin ist ein MBA sehr zeitintensiv,...).
Aber eigentlich ist es eher Shai, der kalte Füsse bekommt. Das ist typisch, weil nicht das erste Mal. Aber seine Träume muss man leben. Ich möchte nicht, dass er irgendwann bereuht, es nicht wenigstens versucht zu haben. Also warten wir gespannt. Schliesslich sind wir ein starkes Team. Wir schaffen das schon.

Mittwoch, 25. Januar 2006

Ein kleiner Dickkopf

Gestern habe ich zum ersten Mal richtig energisch sein müssen mit Yair. Er wollte doch unbedingt seine Flasche habe, aber nicht etwa, um daraus zu trinken, sondern um sie umzudrehen, zu beobachten, wie das Wasser heraustropft, und dann mit den Tropfen herumzuschmieren. Jedes Mal habe ich "Nein" gesagt und ihm die Flasche weggenommen. Jedes Mal hat er geschrien wie am Spieß. Ich habe ihm die Flasche also zurück gegeben, und das Spielchen begann von vorn. So ging es einige Minuten lang. Zum Schluß habe ich ihn versucht abzulenken, wollte mit ihm etwas anderes spielen. Aber er schrie und schrie, ausser sich vor Wut... Oh boy, und das ist erst der Anfang... Aber jetzt denke ich, vielleicht hätte ich ihn doch ein bisschen experimentieren lassen sollen. Schliesslich ist er so klein - und neugierig auf die Welt.

Dienstag, 24. Januar 2006

Im Netz...

Jetzt habe ich mich tatsächlich entschlossen... Ich gehe ins Netz. Ich hatte ja schon länger vor, endlich mal wieder eine Art Tagebuch zu führen, aber die Zeit ist mir irgendwie immer einen Schritt voraus. Seit fünf Jahren lebe ich jetzt in Israel, und langsam habe ich das Gefühl, dass all die gemachten Erfahrungen und gewonnen Eindrücke im Rückblick verschwimmen, sich in der Erinnerung verformen. Die Details verblassen.
Dem möchte ich Einhalt gebieten, besonders jetzt, da wir zu dritt sind. Irgendwo muss ich doch niederschreiben, dass Yair seit Donnerstag endlich laufen kann. In drei Wochen feiert er seinen ersten Geburtstag, und damit ist sein erstes Lebensjahr vollendet, noch ehe ich überhaupt Anstalten gemacht habe, seine Fortschritte wenigstens schriftlich zu verewigen. Dies ist also ein Anfang. Ein kleiner. Von jetzt an werde ich mir Mühe geben und mir Zeit nehmen, so gut ich kann.