Dienstag, 6. März 2007

Das tat weh

Hat ausser mir an den vergangenen Abenden noch jemand den Zweiteiler "Die Flucht" gesehen? Ich habe die ganze Zeit über an meine Oma denken müssen, die auch aus Ostpreussen geflohen ist. All ihre Geschwister sind schliesslich in Ostdeutschland zurückgeblieben, sie selber ist weitergezogen in den Westen. Überflüssig zu sagen, dass sie sich vierzig Jahre lang nur sporadisch gesehen haben. Sie spricht eigentlich nie über ihre Erfahrungen, aber ich weiss, wie traumatisch sie waren. Manchmal kommt ein Satz wie "Wenn du wie ich hättest flüchten müssen, mit weniger als einem Koffer in der Hand..." Zum Beispiel damals, als ich ihr erzählt habe, dass ich nach Israel gehe. "...dann wüsstest du zu schätzen, was Heimat ist."

Meinen Mann bringt es manchmal auf zu sehen, wie die Deutschen ihr eigenen Wunden lecken. Die Deutschen, die doch schliesslich an allem selber Schuld waren. Deshalb habe ich mich auch zurück gezogen und den Film ganz alleine angschaut. Ich wollte mich auf keine Diskussionen einlassen. Natürlich hat er einerseits recht. Andererseits muss man allen das Recht auf Schmerz und Leid zugestehen, es anerkennen. Die Seite, auf der man steht, ändert doch nichts an der Art und Weise, wie man mit schlimmen Erfahrungen umgeht und dass man an ihnen zerbrechen kann.

Das ist übrigens nur ein kleiner Einblick in die Komplexität unserer Beziehung. So ist das eben, wenn Deutsche und Juden eine Verbindung eingehen. Nichts ist selbstverständlich. Der Film, der mich zutiefst erschüttert hat, hat mir das wieder einmal gezeigt. Und mich darin bestärkt, meine Oma einmal zum Gespräch zu bitten. Ich möchte nicht, dass all ihre Erinnerungen irgendwann einfach verloren gehen.

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

liebe jeanne,

ich gebe deinem mann voellig recht, das was die angeblich vertriebenen "vertreibung" nennen ist nichts anderes als das ergebnis eines von deutschen geplanten und durchgefuehrten vernichtungsfeldzuges ... das diese leute sich jetzt selbst medienwirksam als opfer sehen hat fuer mich - um es ganz vorsichtig auszudruecken - den beigeschmack von geschichtsklitterung .... am ende waren es die juden dann doch wieder selbst schuld das sie von deutschen in die vernichtung getrieben wurden ....

grenzgaenger

Jeanne hat gesagt…

Oh nein, diesmal stimme ich nicht mit dir überein. Da scherst du ja alle über einen Kamm. "Diese Leute" sehen sich nicht alle medienwirksam als Opfer. Die Mehrheit "dieser Leute" sind inzwischen alte, gebrechliche Menschen, die ihr Leben gelebt haben und überhaupt nicht an irgendwelchen Medienauftritten interessiert sind. Denen es vielleicht sogar unangenehm ist, dass das Thema jetzt wieder diskutiert wird. Die Deutschen waren schliesslich nicht alle Nationalsozialisten. Du vereinfachst die Sachlage sehr. Ich gebe zu, dass es eine zweischneidige Angelegenheit ist, aber man muss sie einfach sehr differenziert betrachten. Die Gefahr der Geschichtsklitterung, wie du es nennst, besteht schliesslich nur, wenn man andere Aspekte aus den Augen verliert. Man muss doch wohl Deutschen zugestehen können, dass sie damals auch gelitten haben, ohne gleich ins andere Extrem zu verfallen, nämlich in die Aussage, am Ende seien die Juden selber Schuld. Das ist doch wohl ein langer Weg.

Anonym hat gesagt…

Da schließe ich mich Jeanne an. Ich habe den Film nicht gesehen, weil ich schon bei der Vorschau wußte, dass es mir zu heftig wird.

Ich sehe dahinter auch nicht die Politik und die Propaganda, vielmehr das Schicksal der Menschen, die darunter gelitten haben. Geplant haben nur wenige D., gelitten haben viele - auch aus dem eigenen Volk.

Für wen wäre diese Geschichts-klitterung von Nutzen? Ich sehe darin eher, was man sich doch selbst zu zuschreiben hat ...

Die Menschen dürfen einfach nicht vergessen was passiert ist und da finde ich Filme zu dem Thema, für junge Menschen, interessanter als trockene Geschichtsbücher ...

woelkchen

Anonym hat gesagt…

liebe jeanne,

tut mir leid wenn ich deine gefuehle verletzt habe, es war echt nicht meine absicht. ich habe einfach ueberreagiert, das hat leider seine gruende, aber die gehoeren nicht hierher. ich werde dir eine e mail schreiben, ok ? oder wir diskutieren das im mai in einem schoenen cafe !! ??

viele gruesse,
grenzgaenger

Jeanne hat gesagt…

Du hast meine Gefuehle ueberhaupt nicht verletzt. Ich freue mich, dass hier mal ein bisschen kontrovers diskutiert wird, wenigstens im Kleinen.

Karin hat gesagt…

Ich wollte den Film eigentlich auch sehen, habe es dann aber aufgrund von...keine Zeit, schlechter Kritik (zu schmalzig etc.) aber doch sein lassen.
Als Enkelkind von vier Sudetendeutschen (andere Vertreibung) liegt mir die Themaktik aber auch am Herzen. Nicht, dass mich jetzt jemand für so einen Heimatvertriebenenverbandfuzzi hält, sicher nciht, wir haben die alten Dörfer besichtigt und ich bin froh, dass ich woanders grossgeworden bin, aber die Geschichten meiner Grosseltern haben mich schon nachhaltig geprägt.
LG
Karin
PS: @Jeanne: dass dieses Thema (wie vermutlich einige andere) in deiner Ehe für Zündstoff sorgen,kann ich mir vorstellen....

Jeanne hat gesagt…

Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich die Kritiken nicht gelesen habe. Ich bin nur durch Zufall über den Film gestolpert. Er war auch wirklich streckenweise kitschig, besonders zum Schluss, aber teilweise eben auch beängstigend realistisch.
Zündstoff, ja. Aber das meiste haben wir durchgearbeitet, bevor wir geheiratet haben. Das hätte sonst wohl auch nicht funktioniert. :)