Das Wochenende war warm und staubig. Die Sonne stand wie ein bleicher Mond am Himmel, hinter einem schleier aus Dunst halb verborgen. Das waren die ersten Chamssin Tage dieses Jahres. Heute soll der Regen kommen und die Luft reinwaschen. Anfangs wird er jedoch alles mit einer feinen Schlammschicht bedecken.
Gestern hatte Shais Oma uns zum grossen Cholent-Essen (auch Chamin genannt) eingeladen, das eigentlich jedes Jahr an Tu BeSchwat stattfindet, weil sie dann ihren Geburtstag feiert (das genaue Datum weiss sie nicht, weil sie keine Geburtsurkunde hat, und niemand ist sich ganz sicher, wie alt sie denn nun eingentlich wirklich ist, einschliesslich sie selbst). Es war jedenfalls sehr lecker, sehr persisch wie immer, denn sie kann es nie lassen, auch gleich noch hundert andere Dinge auf den Tisch zu bringen. So rollen wir uns dann anschliessend immer die Treppe hinunter und halten unsere Bäuche. Sogar Yair hat ordentlich gegessen, Reis mit Rosinen (natürlich mehr Rosninen als Reis, denn die liebt er ja über alles), Hühnchen, ein braunes Cholent-Ei, und zum Nachtisch jede Menge Erdbeeren, denn es ist ja wieder Erdbeerzeit. An Freitagen stehen jetzt an allen Ecken und jeder Bushaltestelle die Erdbeerverkäufer. In unserer Moshav gibt es ein riesiges Erdbeerfeld, das ganz toll duftet, wenn man daran vorbei geht.
Am Freitag haben wir uns den deutschen, für den Oksar nominierten Film "Das Leben der anderen" angeschaut. Brilliant. Sehr intensiv und realistisch. Richtig beklemmend. Eine gelungene Darstellung des Stasi-Apparats. Mir jedenfalls gingen die zwei Stunden so richtig unter die Haut, und ich war ganz erschüttert, als wir das Kino verliessen. Dieser Film ist ein krasser Gegensatz zu der genialen Komödie "Good-bye Lenin". Es ist erstaunlich, wie beide Filme es schaffen, das Regime aus völlig anderen Blickwinkeln zu beleuchten, sich zwei völlig unterschiedlicher Genres bedienend. Auch bemerkenswert: der Kino-Saal war voll, wir haben gerade noch die letzten beiden Plätze in der letzten Reihe ergattern können.
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