Dienstag, 31. Juli 2007

Zwischenstation

in Deutschland. Bei 20 Grad Temperaturunterschied zum Waschküchenwetter in Israel frieren wir uns hier durch den Tag und hoffen auf baldige Wetterbesserung. Unterdessen hat der kleine Mann sich seinen ersten Virus eingefangen. Er fiebert und hustet vor sich hin. Ansonsten geniessen wir das Nichtstun im erweiterten Familienkreis.

In zwei Tagen fliegt mein Göttergatte weiter. Dann wird es langsam aber sicher Ernst...

Samstag, 28. Juli 2007

Das wars

Von 11:30 bis 21:30 hatten wir das Haus voll. Ein ständiges Kommen und Gehen. Mit vielen Tränen zwischendurch. Und in knapp acht Stunden sitzen wir im Flieger nach D. Bis bald, Israel. Wir kommen zurück.

Freitag, 27. Juli 2007

Kindergarten ade

Heute war Yairs letzter Tag im Kindergarten. Verblüffender Weise hat er scheinbar ganz genau verstanden, dass er nicht zurück kommen wird. "Ani etga'agea hachi le Yahav weleGaia." (Yahav und Gaia werde ich am meisten vermissen.) hat er zu Rachel, der Kindergärtnerin, gesagt. "Er hat Glück, dass er so süss ist", meinte sie zu uns. "Er wird es überall leicht haben, weil er dirket ins Herz geht."

Auf dem Weg zum Auto verlangte Yair nach Wasser und ich reichte ihm den Becher, den er im Kindergarten immer benutzt. Erst sah er mich an, dann den Becher. Dann sagte er: "Ima, ze shaiach lagan." (Mama, der gehört zum Kindergarten.) "Das stimmt, aber heute dürfen wir ihn mitnehmen." "Lo, ima! Ze shaiach lagan!" (Nein, Mama! Der gehört zum Kindergarten!) Also sind wir zusammen zurück gegangen, um Rachel den Becher zu bringen. Sichtlich gerührt, nahm sie ihn entgegen und versprach Yair, ihn an seinen Platz zu stellen. "Du bist so ein guter Junge!" meinte sie. "Dieser Becher ist meine Erinnerung an dich."

Dann musste Yair noch schnell Choshen, den Hund, streicheln, der immer auf der Wiese döst, wenn ich ihn abhole, den er sonst aber kaum mehr eines Blickes würdigt. Wie kann ein so kleiner Junge so grosse Veränderungen begreifen?

Wunderbare Geschenke hat er mit nach Hause gebracht. Ein T-Shirt mit Bildern aller Kinder in seiner Gruppe, ein grosses Plakat mit allen Handabdrücken und eine Kart mit guten Wünschen. Es ist schön, so geliebt zu werden. Möge unser kleiner Mann immer so viel Liebe um sich haben.

Mittwoch, 25. Juli 2007

Yair und Yahav

Ein Herz und eine Seele, auch am Roten Meer. Wer wen wohl mehr vermissen wird? Und wie schnell werden sie einander vergessen, wenn die Eltern nicht Kontakt halten?



Montag, 23. Juli 2007

Ein letztes Geleit

Ich mag Friedhöfe. Ich liebe die Ruhe, die dort herrscht. Ich wandere gerne durch die Reihen, lese die Inschriften und versuche mir vorzustellen, welche Lebensgeschichten sich dahinter verbergen.

Der Friedhof von Even Yehuda liegt inmitten von Wiesen und Feldern. Ein schmaler, sandiger Weg führt auf einen kleinen Schotterparkplatz, von dem aus es nur wenige Schritte bis zum eisernen Eingangstor sind.

Gestern drängten sich dort Autos und Menschen dicht zusammen. In der sengenden Nachmittagssonne entwickelten sich leise Gespräche zwischen fassungslosen Bekannten, Freunden, Verwandten. Viele wischten sich ununterbrochen die Augen oder schnieften, weil sie in der Hektik nicht an Taschentücher gedacht hatten.

Mit halbstündiger Verspätung bahnte sich schliesslich der Wagen mit Hilas leblosem Körper durch die Menge. Kurz darauf näherten sich die engsten Angehörigen, eine Familie jemenitischer Einwanderer, darunter Hilas Kinder -- ein fünfzehnjähriger Sohn und eine sechszehnjährige Tochter -- und ihre Mutter, laut klagend und weinend, gestützt von Hilas Geschwistern. "Kacha at holechet?!" rief sie immer wieder. "Kacha?!" (So gehst du?! So?!)

Die Eltern fast aller Kindergartenkinder hatten sich eingefunden. Hilflos standen sie herum, bis sich die Masse in Bewegung setzte, um Hila zu ihrer letzten Ruhestätte zu begleiten. Erinnerungen blitzten auf. Hila mit den Kindern auf dem Spielplatz. Hila beim Spülen. Hila zwischen Kindern und Bauklötzen. Hila in ihrem grünen Auto auf dem Weg nach Hause. Hila. Ihre schlanke Gestalt. Die tiefe, rauchige Stimme. Die dunkle Haut, das schwarze Haar. Ihr Lachen. Hila ist nicht mehr. Das ist alles, was bleibt.

Mit hängenden Schultern schlichen wir zurück zu unseren Autos, warteten geduldig, bis alle Blockaden sich aufgelöst hatten und der Weg frei geräumt war. Ein letzter Abschied. Dann senkte sich erneut Stille über den Friedhof, hin und wieder durchbrochen vom Schrei eines Vogels, der hoch über den Feldern seine Kreise zog oder vielleicht in einer der hohen Kiefern ruhte.

Heute spielt Yair wieder im Kindergarten. Sicher sitzt er gerade im Sandkasten und backt Erdbeerkuchen. Ob er sich fragt, warum Hila nicht kommt? Sie ist auf eine weite Reise gegangen. Weiter noch als Amerika. Viel weiter.

Hila

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dies ein schwarzer Tag werden würde. Dabei beginnt Tisha Be'Av erst heute Abend.

Als ich die Kindergärtnerin heute Morgen wegen der Geschichte mit den Schuhen anrief, war zunächst besetzt, dann war sie sehr kurz angebunden, als ob sie nicht ganz bei der Sache sei oder sich Sorgen mache. Nachdem Shai den kleinen Mann dort abgesetzt hatte, erzählte er, Hila, die zweite Kindergärtnerin, sei am Morgen nicht aufgewacht, nicht zur Arbeit erschienen, man habe einen Krankenwagen zu ihr nach Hause geschickt, wisse nicht, was sei.

Gerade kam die Nachricht: Hila ist tot. An Herzversagen gestorben. Scheinbar hatte sie einen Herzfehler, von dem nur Nahestehende wussten. Sie hinterlässt zwei Kinder, die älteste Tochter ist 16. Ich bin schockiert und habe mir schon die Augen rot geweint (mein Chef denkt jetzt, dass ich eine echte Heulsuse bin). Um 13 Uhr muss ich Yair abholen, wann die Beerdigung ist, steht noch nicht fest. Ach, ist das Leben ungerecht. Und unberechenbar.

Sonntag, 22. Juli 2007

Rückmeldung

Wir sind zurück. Gerade eben so. Kopflos und ohne durchzuatmen. Es war trocken, heiss, sandig und schön, obwohl jeden Tag jemand krank war. Ich habe durchgehalten bis zu meinem Geburtstagsdinner. Danach bin ich mit Magenschmerzen ins Bett gestrauchelt und 24 Stunden lang nicht mehr aufgestanden. Bis zur Rückfahrt hatte ich mich aber wieder erholt, so dass wir noch ein paar Besuche bei Freunden einschieben konnten, bis spät in die Nacht.

Eigentlich dachte ich, dieser Tag würde ruhiger und in geordneteren Bahnen verlaufen, aber der Anruf meines Göttergatten gerade eben hat mich eines besseren belehrt: alle Sandalen, die der kleine Mann besitzt, liegen in meinem Auto. Das steht unten in der Tiefgarage, während ich hier die letzten Stunden abarbeite. Da die Kleinen im Kindergarten aber ohnehin den ganzen Tag barfuss laufen und die Kindergärtnerin mir auf Nachfrage versichert hat, dass heute keine Ausflüge anstehen, ist das halb so schlimm. Geht er eben mal schuhlos.

Ansonsten sah mein Tag gestern so aus:
6:30 Wecken, nachdem wir erst um 1:00 aus Eilat zurück waren
7:00 Fahrt zum Gesundheitsamt nach Tel Aviv
7:45 Ankunft in Tel Aviv (kurz und schmerzlos), Parkplatzsuche
8:10 Parkplatz gefunden, nach 4 Runden um den Block im bedingten Halteverbot
8:15 Mendel-Mantoux-Test (Tuberkulosediagnostik)
8:30 Auf ins Büro
9:10 Ankunft auf dem Firmenparkplatz
9:11 Anruf des Göttergatten, der seinen Schlüssel nicht finden kann. Grund: er liegt in meiner Handtasche
9:12 Wenden und zurück nach Hause
9:20 Schlüsselübergabe
9:30 Endlich im Büro, mit zweistündiger Verspätung
Arbeiten Arbeiten Arbeiten
16:30 Zum Auto hasten
16:50 Yair abholen
17:10 Übergabe des kleinen Mannes an den Herrn Papa
17:15 Weiterfahrt nach Rehovot, zum AC Treffen
18:00 Ankunft in Rehovot
20:15 Rückfahrt gen Norden mit Fahrbegleitung
20:50 Ankunft Bahnhof Beit Yoshua, um meine Begleiterin in den Zug nach Haifa zu setzen
20:55 Weiterfahrt nach Tel Mond, zur Geburtstagsfeier des Schwiegervaters
21:10 Parkplatz gefunden, Café verfehlt
21:15 Weiterfahrt nach Passantenbefragung
21:20 Ankunft am Café
23:10 Heimfahrt mit einem unwilligen, schreienden, völlig übermüdeten kleinen Mann, der den Papa will, nicht die Mama, und der brüllt, bis ihm die Augen zufallen
23:20 Nachtruhe für den kleinen Mann
23:25 Wäsche sortieren, in die Maschine stopfen, anstellen
23:30 Katzenwäsche
23:40 Licht aus!

Dienstag, 17. Juli 2007

Ans Rote Meer

Es wird sicher keinen überraschen, wenn es in den nächsten Tagen hier noch ruhiger wird als ohnehin schon. Ich kommt ja nicht mehr nach, dabei hätte ich einiges zu erzählen. Wir sind jedenfalls von morgen bis Samstag in Eilat, samt erweiterter Familie (soll heissen: Schwiegereltern plus Schwager mit Freundin). Ich werde dann am Sonntag berichten.

Montag, 16. Juli 2007

The rule of 10-10-10

Keine Zeit zum Bloggen. Dafür habe ich eine volle Stunde Mittagspause im Wartezimmer meines Frauenarztes vertrödelt. Zumindest bin ich dabei auf einen interessant Artikel gestossen, in dem es um Entscheidungshilfen bei Dilemmas und schwierigen Beschlüssen geht. Die Autorin schlägt vor, bei jedem Problem zu überlegen, welche Konsequenzen die Entscheidung in 10 Minuten, 10 Monaten und 10 Jahren hat. Oftmals läge dann die richtige Entscheidung ganz offensichtlich auf der Hand. Ich jedenfalls werde mir das merken und bei der nächsten Gelegenheit anwenden.

Sonntag, 15. Juli 2007

Vorfreude?

Die letzten zwei Wochen sind angebrochen, doch die Aufregung hält sich in Grenzen, da der Göttergatte mir regelmässig sein Leid klagt. Denn wie immer, wenn man dabei ist, sich rar zu machen, wollen alle Bekannten und Freunde ihn noch mal treffen und versichern ihm, wie sehr sie ihn vermissen werden und dass sie ihn ja ach so schätzen und wie sie bloss ohne ihn auskommen sollen. Das geht runter wie Butter. Da fragt er sich natürlich, warum er nicht lieber hier bleibt, alle lieben ihn, er steht hoch im Kurs, es fehlt an nichts, das Land hat so viel zu bieten. Der Arme, da muss er wohl jetzt durch. Doch warum muss ich bloss immer diejenige sein, die den Schritt über den Teich bestärken muss? Die sich alle möglichen guten Gründe aus den Fingern saugt, warum wir das jetzt durchziehen und es kein Zurück gibt. Meine Idee war es schliesslich nicht. Wer weiss, vielleicht gesellt sich ja doch irgendwann ein kleines bisschen Vorfreude seinerseits hinzu. Bei mir ist der Funke ja da, aber die Zündschnur wird ständig abgeschnitten.

Donnerstag, 12. Juli 2007

Ein paar gute Gedanken

möchte ich an meine Schwester und ihren Schatz schicken, die gerade schwere Zeiten durchmachen, nachdem der talentierte Tischlermeister vor ein paar Tagen bei einem tragischen Arbeitsunfall zwei Finger aufs Spiel gesetzt hat. Dank besonnener, gut geschulter Kollegen und erfahrener Ärzte sieht die Welt aber inzwischen schon wieder besser aus. Einen gehörigen Schock hat mir die Geschichte eingejagt (und das, obwohl ich tausende von Kilometern entfernt bin). Und gewaltigen Respekt vor der modernen Medizin. Jetzt wünsche ich dem Schwanger-in-Spe komplikationslose Genesung, schnelle Rehabilitation und eine erfolgreiche Rückkehr in den geliebten Beruf! Die positive Energie, die ich auf diesem Wege schicke, hilft dabei hoffentlich ein bisschen.

Die Wunderheilung

Vergangene Nacht war wohl am schlimmsten für den kleinen Mann. Der konnte nämlich vor Bauchweh nicht zur Ruhe kommen. Wenn er dann doch mal für kurz Zeit in einen erschöpften, aber unruhigen Schlaf fiel, wurde er spätestens beim nächsten Krampf wieder wach. Es war furchtbar. Entsprechend gerädert bin ich kurz nach 6:30 aufgestanden, weil Yair Hunger vermeldete. Trotz Bauchweh. Oder wegen. Das Brot blieb aber unangerührt. Ebenso der Kinderkräutertee und das Fläschchen. Mir war völlig klar, dass Arbeiten heute flach fällt und ich dafür am Wochenende ran muss.

Aber dann passierte die Wunderheilung: Der kleine Mann entdeckte die Überbleibsel einer Nascherei, die schwedischer Besuch vor nicht allzu langer Zeit mitgebracht hat. Plötzlich war alles in Ordnung. Kein Bauchweh mehr, die Müdigkeit nicht der Rede wert -- es ging nur noch darum, diese Süssigkeit zu vernaschen. Und so beschlossen wir denn, dass der kleine Mann vielleicht doch in den Kindergarten gehen kann. Das hat er dann auch gemacht, ohne grosse Proteste. Und als ich Mittags anrief um nachzuhören, wie es ihm geht, da schlief er einen wohlverdienten Mittagsschlaf. Bauchwehfrei.

Dienstag, 10. Juli 2007

Chaostage

Wir nähern uns einer gewissen Kopflosigkeit. Plötzlich tauchen immer neue Dinge auf, die noch zu erledigen sind. Sozialversicherung, Steuererklärung, notarielle Übersetzungen. Dabei rennt uns die Zeit davon und wir finden keinen Platz mehr im Kalender. Es ist schon so weit, dass der Göttergatte seine Schlüssel in irgendwelchen Geschäften rumliegen lässt und Detektivarbeit leisten muss, um den Friseur des kleinen Mannes zu Hause aufzuspüren. Dann fährt er mitten in der Nacht los, um sich noch mit einem Freund zu treffen, schmeisst mich bei der Rückkehr durch lautes Rufen unter dem Fenster aus dem Bett, weil er den Haustürschlüssel, den ich für Eingeweihte gut sichtbar unter der Fussmatte positioniert habe, nicht findet, und landet dann irgendwann gegen 3 Uhr im Bett. Lange kann das so nicht weitergehen...

Solche Tage lobe ich mir

Da fallen auch die paar Überstunden nicht ins Gewicht. Morgens als zweites Frühstück Schoko-Suppe mit Rum, Wackelpudding mit Weisswein und Waldfrüchten und als Nachtisch Käsekuchen. Wenn zwei Geburtstags zusammenfallen, kommt sowas dabei raus.

Zum Kaffee heute Nachmittag gibt es eine weitere Runde Kalorien und vielleicht ein Glas Sekt, zur Geburt des kleinen Jonathan, der unserer Personalleiterin in den Schoss gefallen ist. Dafür bleibe ich am Abend etwas länger und düse dann direkt vom Büro zum Abschiedsessen mit ehemaligen Kolleginnen. Dass ich so den kleinen Mann heute nicht mehr zu Gesicht bekomme, stimmt mich allerdings etwas traurig, zumal er heute Morgen so anhänglich war, sich nicht trennen wollte und darum gebeten hat, dass ich ihn (ausnahmsweise!) zum Kindergarten bringe.

Auf meinem Weg vom Bad im ersten Stock in den Keller sah ich ihn plötzlich mutterseelenallein auf dem Sofa in der Fernsehecke im Erdgeschoss sitzen, eine Banane essend und leise "Ani roze et ima!" (Ich will Mama!) vor sich hinmurmelnd. Warum er nicht einfach zu mir raufgestiegen ist, habe ich allerdings nicht verstanden.

Sonntag, 8. Juli 2007

Schwierig

Gerade lege ich bei der Arbeit den Endspurt ein. Plötzlich gibt es nochmal richtig viel zu tun, ich komme kaum zum Luftholen. Daneben alle möglichen und unmöglichen Termine (Ärzte, Impfungen, Bank, Freunde) und einen Göttergatten, der mir abends den Computer streitig macht -- da bieten sich zum Bloggen nicht viele Gelegenheiten. Im Moment plätschert es noch im Badezimmer, aber gleich muss ich hier das Feld räumen. Vielleicht gibt's morgen mehr.

Donnerstag, 5. Juli 2007

Typisch oder: Was war noch gleich Chuzpa?

Ein Israeli auf Geschäftsreise in China.

Kurz vor dem Heimflug hinterlässt die Fluggesellschaft eine Nachricht auf seinem Handy. Aus platztechnischen Gründen müssten sie ihn in die Business Class umbuchen und würden daher sein Vielfliegerkonto mit 100 Punkten belasten. Er solle bitte zurückrufen, um diese Änderung zu bestätigen.

Der Israeli ist empört und erscheint wenig später ohne zurückgerufen zu haben am Flugschalter zum Einchecken. Die Angestellte der Fluggesellschaft stellt ihm ein Business Class Ticket aus. "This is business class!" ruft der Israeli entrüstet. "I do not want to fly business class! Please book me into economy class! I did not request business class!" Die chinesische Dame, völlig überrumpelt von der heftigen Reaktion, ist ratlos und weiss sich nicht zu helfen.

Wenig später sitzt der Israeli mit seinem Business Class Ticket in der Business Class Lounge. Laptop auf dem Schoss, verfasst er eine email an die Fluggesellschaft. "I am sitting here in the Business Class Lounge. I did not ask for Business Class. I want to fly economy. You cannot charge me 100 points."

Anschliessend räkelt er sich hoch über den Wolken genüsslich in luxuriösen Sesseln und lässt sich kulinarisch verwöhnen.

Resultat: Die Fluggesellschaft erstattet dem Israeli die 100 Punkte und zahlt ihm US $50 Entschädigung.

Peinlich

Heute wäre ich am liebsten im Erdboden versunken.

In der Mittagspause bin ich schnell zum Zahnarzt gedüst, um mir die letzte Füllung verpassen zu lassen. Als ich wiederkam, blinkte auf meinem Bildschirm ein kleine Erinnerungsbox:
Reminder: Jeanne + Zafi
51 Minutes Overdue
Zafi ist der Chef meines Chefs. Diese Besprechung war sein Monaten anberaumt. Ich hatte es leider versäumt, vor dem Zahnarzttermin in meinen Kalender zu schauen. Ich wäre fast gestorben vor Scham.

Nachtrag: Den Kopf abgerissen hat er mir nicht. Die Besprechung ist auf nächsten Mittwochen verschoben.

Mittwoch, 4. Juli 2007

Das Laufrad

ist übrigens der Hit auf dem Spielplatz. Sobald der kleine Mann mit diesem Ding auftaucht, stehen Kinder verschiedenen Alters Schlange, um einmal fahren zu dürfen. Vielleicht sollten wir Fahrgeld nehmen, um sein Taschengeld aufzubessern.

Nach Hause

Yair und Yahav sind ein Herz und eine Seele. Deshalb haben sie sich nach dem Kindergarten verabredet. Als wir in die Strasse zum Spielplatz einbiegen, nicht unweit unserer alten Wohnung, ereignet sich folgendes Gespräch:

"Holchim habeita, ima?" (Fahren wir nach Hause, Mama?)
"Nein, mein Spatz. Du weisst doch, dass R. jetzt dort wohnt. Er passt auf unsere Wohnung auf. Wir wohnen zur Zeit bei Saba und Safta. Das macht doch viel mehr Spass, oder?"
Yair überlegt, legt seinen Kopf zur Seite, macht einen Schmollmund und entgegnet leise: "Loooo..." (Nein...)

Da schmerzt das Mutterherz.

Wenig später auf dem Spielplatz ist plötzlich weit und breit kein Blitz auf rotem Laufrad mehr zu sehen. Ich suche mit den Augen alles ab, aber der kleine Mann bleibt verschwunden. Da schwant mir was... Ich laufe einige Meter, um den Fussweg, der zur alten Wohnung führt, einsehen zu können -- und da sehe ich ihn, auf dem Weg nach Hause, kurz davor, mit seinem Rad die Strasse zu überqueren.

Also gut, denke ich. Was soll's. Gehen wir hin.

Angekommen, legt er sein Laufrad an die Seite und will die Treppe hinauf steigen. Ich halte ihn zurück.

"Spatzi, wir können da nicht hochgehen. Mama hat gar keinen Schlüssel."
"I-efshar lirot et R.?" (Können wir R. nicht sehen?)
"Nein, das geht nicht. Es ist ja nieman zu Hause. Siehst du, hier steht gar kein Auto."

Schmollend stellt er sich vor das Auto der Nachbarin, nicht bereit, sich auch nur einen Zentimeter in Richtung Spielplatz zurückzubewegen.

Vielleicht ist es doch besser, Abstand zu halten und woanders zu spielen. Wie soll so ein kleiner Kopf auch begreifen, warum wir plötzlich nicht mehr nach Hause gehen können.

Wer kennt sich aus?

Plötzlich stecke ich mitten in dieser Familienforschung, die nicht meine ist. Vor einigen Wochen erreichte mich die Bitte, einer alten Dame zu helfen, deren Suche nach Angehörigen und Einblick in die Familiengeschichte an ihren mangelnden Deutschkenntnissen scheiterte. Sie müsse die deutschen Behörden erreichen und wisse nicht wie, weil sie zwar Deutsch verstehe, aber nur leidlich spreche und nicht schreiben könne. Nichts leichter als das! dachte ich mir, froh darüber, behilflich sein zu können. Einen Brief auf Deutsch zu verfassen, ein Telefonat zu führen, dazu war ich gerne bereit. Ich liess mir die Adresse geben und rief an. Zu dieser Zeit steckte die Dame allerdings gerade mitten in Renovierungsarbeiten und bat darum, mich zurückrufen zu dürfen.

Heute Morgen klingelte das Telefon. Ich war auf dem Weg in eine Besprechung, rief aber anschliessend zurück. "Jeanne, wie nett, dass Sie anrufen!" freute sie sich. "Hören Sie, ich möchte, dass sie folgendes für mich tun. Ich habe nur dürftige Daten über meine Grosseltern, meine Eltern sind in den Lagern umgekommen, lebende Verwandte sind mir nicht bekannt, aber da meine Grosseltern, zumindest mein Grossvater väterlicherseits, Geschwister hatten, bin ich sicher, dass es noch irgendwo Verwandte gibt. Die möchte ich finden. Mein Grossvater hiess..."

Ohne Punkt und Komma gab sie mir alle Informationen durch, die sie besitzt. Namen, Orte, Geburts- und Sterbedaten. Und jetzt sitze ich hier und bin völlig überrumpelt. Diese Aufgabe stellt sich als viel komplizierter heraus als gedacht. Ich war überzeugt, sie wüsste genau, wo sie die Suche fortsetzen muss. Stattdessen halte ich lose Enden in der Hand und kaum einen Anhaltspunkt. Wie komme ich an Informationen über Menschen, die um die Wende zum 20. Jahrhundert irgendwo in Preussen geboren wurden? Deren Geburtsdaten bruchstückhaft sind? Deren Eltern oder Kinder von den Deutschen vernichtet wurden? Schon habe ich mich völlig im Internet verfranst, suche mich durch den Informationsdschungel und werde von Seiten aufgehalten, die Anmeldung und Bezahlung verlangen. Datenbanken gibt es weiss Gott genug, aber nicht kostenlos. Helfen möchte ich zu gerne. Aber wie?

Ich bin offen für alle guten Ratschläge!

Montag, 2. Juli 2007

Logopädisches

Yair stottert nach wie vor, und das wird sich vermutlich auch in den nächsten Monaten nicht ändern. Vor der grossen Reise wollten wir daher wenigstens noch fachlichen Rat einholen, wie damit am besten umzugehen ist.

Das Zentrum für kindliche Entwicklung (Machon LeHitpatchut HaJeled) hat uns nach Durchsicht eines Fragebogens empfohlen, einen Logopäden aufzusuchen, und so hatte der kleine Mann heute Morgen einen Termin bei Yael im Ponton Institut, Ramat HaSharon. Fazit: Sein Stottern ist mild, wird vermutlich irgendwann verschwinden, aber nicht in absehbarer Zeit. Behandelt wird frühestens ab dem 4. Geburtstag.

Hier ein paar Notizen, vornehmlich für mich als Gedächtnisstütze:

  • Das Stottern möglichst ignorieren. Nicht darum bitten, Dinge zu wiederholen, langsam zu sprechen oder tief durchzuatmen.
  • Möglichst langsam mit ihm sprechen.
  • Zehn, fünfzehn Minuten pro Tag intensiv mit ihm spielen, um seine Phantasie zu fördern. Die Umgebung dabei ausblenden.
  • Ihn nicht durch Sätze wie "Hast du Papa schon erzählt, was du heute im Kindergarten gemacht hast?" unter Druck setzen.
  • Einen routinierten Tagesablauf entwickeln und einhalten. (Zugegeben, das ist im Moment eine Herausforderung, aber wir arbeiten dran. Bis im September der neue Kindergarten beginnt, wird sich die Routine leider noch einige Male ändern.)
  • Den Umzug als etwas völlig natürliches behandeln; kein grosses Aufheben darum machen. Alles ist normal , in Ordnung und hat seine Richtigkeit.

Falls noch jemand andere Tips oder Einsichten hat, bitte her damit!

Gute Fahrt

Heute verlässt das Schiff mit unserem Container den sicheren Hafen in Ashdod und geht auf die Reise über den weiten Ozean, in das ferne Land, an die westliche Küste, in die fremde Stadt. Und dort wird es hoffentlich ankommen, bevor der kleine Mann und ich am 16. August landen. Damit alles ein bisschen an zu Hause erinnert, wenn wir unsere neuen vier Wände beziehen. Mit ein bisschen Glück stimmt der Zeitplan. Sechs bis acht Wochen soll es brauchen. Vielleicht pusten wir alle ein bisschen, damit es guten Rückenwind hat.

Sonntag, 1. Juli 2007

Zurück in den Alltag

Yair hat seine Liebe für Litschies (schreibt man das so???) wieder entdeckt. Damit kann ich ihn zur Zeit überall hinlocken. Das zieht sogar besser als Eis oder Schokolade. Früchte sind einfach neben Wasser seine zweite grosse Leidenschaft. So konnte ich ihn auf dem Spielplatz endlich zum Heimgehen überreden. Schliesslich versuchen wir, langsam ein bisschen Ordnung in den etwas durcheinander geratenen Alltag zu bringen.

So ist der kleine Mann endlich wieder zur gewohnten Zeit ins Bett gegangen, auch wenn er sich ewig lange hin und her gewälzt hat, bis er zur Ruhe kam. Ich versuche inzwischen darüber hinwegzusehen, dass die Privatsphäre erstmal zu kurz kommt, einiges auf der Strecke bleibt und anderes nicht ganz dem entspricht, was wir gerne hätten. Immerhin hat mein Göttergatte aber seine Mutter dazu bewegen können, doch mal über einen Kammerjäger nachzudenken. Nachdem er für sie schon zwei Mal auf Kakerlakenjagd gehen musste und wir sogar zwei kleine Exemplare im Trinkwasserbehälter entdeckt haben (seither trinke ich hier nur noch selbstgekauftes Mineralwasser aus der Flasche).

Am Wochenende waren wir gleich zwei Mal am Strand. Yair als Wasserkind braucht sonst eigentlich nichts: Sand und Meer reichen bis auf weiteres. Das Geschrei geht los, sobald man versucht, den Rückzug anzutreten.

Die Quallen, die jedes Jahr um diese Zeit eigentlich schon in Massen die Strände bevölkern, halten sich zur Zeit sehr im Hintergrund. Nur vereinzelt liegt hier und dort eine im Sand und schadet dem Vergnügen nicht wirklich. Wir sitzen weiterhin im seichten Wasser und lassen uns von den Wellen überrollen. Gestern mussten wir allerdings aufpassen, denn die Strömung war enorm. Baden verboten. Einige haben es trotzdem versucht und sind kläglich ertrunken.

Am Strand findet man in diesen Tagen auch die einzige Abkühlung. Ansonsten ist es nur in klimatisierten Räumen angenehmer. Der leichte Wind, der heute auffrischte und die Temperatur ein paar Grad drückte, machte nicht wirklich einen Unterschied. Das Quecksilber kletter trotzdem über die 30er Marke. Und so wird es wohl für den Rest des Sommers bleiben, bis in den späten September hinein und darüber hinaus. Nur wir werden bald in den ganzjährigen Frühling der San Francisco Bay entfleuchen. Ich habe so eine Ahnung, dass ich dort einiges vermissen werden...