Mittwoch, 4. Juli 2007

Wer kennt sich aus?

Plötzlich stecke ich mitten in dieser Familienforschung, die nicht meine ist. Vor einigen Wochen erreichte mich die Bitte, einer alten Dame zu helfen, deren Suche nach Angehörigen und Einblick in die Familiengeschichte an ihren mangelnden Deutschkenntnissen scheiterte. Sie müsse die deutschen Behörden erreichen und wisse nicht wie, weil sie zwar Deutsch verstehe, aber nur leidlich spreche und nicht schreiben könne. Nichts leichter als das! dachte ich mir, froh darüber, behilflich sein zu können. Einen Brief auf Deutsch zu verfassen, ein Telefonat zu führen, dazu war ich gerne bereit. Ich liess mir die Adresse geben und rief an. Zu dieser Zeit steckte die Dame allerdings gerade mitten in Renovierungsarbeiten und bat darum, mich zurückrufen zu dürfen.

Heute Morgen klingelte das Telefon. Ich war auf dem Weg in eine Besprechung, rief aber anschliessend zurück. "Jeanne, wie nett, dass Sie anrufen!" freute sie sich. "Hören Sie, ich möchte, dass sie folgendes für mich tun. Ich habe nur dürftige Daten über meine Grosseltern, meine Eltern sind in den Lagern umgekommen, lebende Verwandte sind mir nicht bekannt, aber da meine Grosseltern, zumindest mein Grossvater väterlicherseits, Geschwister hatten, bin ich sicher, dass es noch irgendwo Verwandte gibt. Die möchte ich finden. Mein Grossvater hiess..."

Ohne Punkt und Komma gab sie mir alle Informationen durch, die sie besitzt. Namen, Orte, Geburts- und Sterbedaten. Und jetzt sitze ich hier und bin völlig überrumpelt. Diese Aufgabe stellt sich als viel komplizierter heraus als gedacht. Ich war überzeugt, sie wüsste genau, wo sie die Suche fortsetzen muss. Stattdessen halte ich lose Enden in der Hand und kaum einen Anhaltspunkt. Wie komme ich an Informationen über Menschen, die um die Wende zum 20. Jahrhundert irgendwo in Preussen geboren wurden? Deren Geburtsdaten bruchstückhaft sind? Deren Eltern oder Kinder von den Deutschen vernichtet wurden? Schon habe ich mich völlig im Internet verfranst, suche mich durch den Informationsdschungel und werde von Seiten aufgehalten, die Anmeldung und Bezahlung verlangen. Datenbanken gibt es weiss Gott genug, aber nicht kostenlos. Helfen möchte ich zu gerne. Aber wie?

Ich bin offen für alle guten Ratschläge!

10 Kommentare:

IO hat gesagt…

Ich habe früher einmal im Institut für pfälzische Geschichte gearbeitet und dort die Auswanderer-Kartei betreut. Da ging es eher um Auswanderungen des 19. Jahrunderts in die USA, aber das Prinzip ist ähnlich.

Da meine - jüdische - Tante in New York ähnliche Vorschungen betreibt, sie arbeitet im Leo Beck Insitut und war Leiterin eines jüdischen Museums, das wiederum Teil eines jüdischen Altersheims usw.

Worauf ich raus will ... gleich klingeln hier der Besuch und ich melde mich heute abend hoffentlich noch mal und kann Dir genaueres sagen.

Okay?

Jeanne hat gesagt…

Super, danke!

Anonym hat gesagt…

hey,
höchstwahrscheinlich kennst du die datenbank schon, aber wenn nicht;
die mormomen haben wohl recht ausführliche datenbanken - hier sind ein paar links dazu
http://www.genealogienetz.de/faqs/LDS.html

gruß
iolanthe

IO hat gesagt…

Hast Du irgendwelche Orte? Meistens gibt es ja dann einen pensionierten Lehrer oder ähnliches, der sich vor Ort mit "Ahnenforschung" beschäftigt. Als Historiker bekommt man da zwar das Grausen, aber von den Daten/Fakten her können die oft weiter helfen.

Im "Institut" habe wir auch immer echt kryptische Anfragen bekommen und uns dann eben dran gemacht, etwas über die Leute eventuelle Verwandte u.ä. herauszufinden. Da Kirchenbücher flachfallen, muss man sich an sogenannte Bürgerbücher u.ä. halten. Da stehen oft die ganzen Leute drin wer wo gewohnt hat usw. Je nach Quellenlage sind die Geburten und Hochzeiten auch irgendwo verzeichnet.

Je kleiner der Ort desto schwieriger wird es wahrscheinlich - denn vermutlich wird die Verwandschaft dort nicht mehr leben.

Ich würde ein paar Briefe - nicht Emails, weil das meist etwas altertümliche Menschen - auch bei den offiziellen Stellen - schreiben. Frei nach dem Motto wir suchen Hinweise, Informationen über einen gewissen so und so, der vielleicht dann und dann geboren wurde usw.

Wenn sich über das Internet nicht rausfinden läßt, wer in dem Ort zum Beispiel dafür zuständig sein könnte, dann einfach an den Bürgermeister oder so schreiben.

Die Mormonen-Datenbank ist die beste, ich kenne sie allerdings nur in Bezug auf USA-Auswanderer-Recherschen, aber da würde ich es auf jedenfall mal versuchen.

Hilft Dir das jetzt weiter? Irgendwie?

Jeanne hat gesagt…

Larissa, vielen Dank! Bei den Mormonen habe ich schon gestöbert, aber ich glaube, da komme ich nicht weiter. Man muss ja letztendlich doch in irgendein Archiv fahren, um Microfiche oder -filme zu durchforsten.

Was die Orte anbelangt -- gibt es, aber die sind heutiges Polen. Stettin und Lauterberg. Letzterer scheint ein ganz winziger Ort zu sein, der selbst in den Datenbanken nicht verzeichnet ist.

Ich glaube, aus der Ferne lässt sich da nur wenig machen. Das befürchte ich jedenfalls.

IO hat gesagt…

Schreib mal hin, wenn das dort so ähnlich ist wie bei uns - also in diesem Instiut - dann sitzt da ein Haufen gelangweilter Pensinäre rum, die froh sind, wenn sie etwas Detektiv spielen können ;-)

Ein Versuch ist es wert.

Anonym hat gesagt…

Guck mal hier : http://www.bh.org.il/index.html
Hier hat mein König ein Teilseiner Vorfahren mütterlichseits gefunden.
Und hier noch was:http://www.cyndislist.com/jewish.htm#Libraries
Liebe Grüsse.
Hast Du noch Zeit für mein Stickmuster und Kalender. Wenn nicht ist auch nicht schlimm. Liebe Grüsse von der Kopflosen Anneka

Anonym hat gesagt…

Preussen - eine der leichteren Aufgaben, was jüdische Ahnenforschung betrifft. Alle Daten über die Gemeinden des preußischen Landesverbandes wurden auch im Zentralarchiv der Juden in Deutschland gespeichert - auch von den Gemeinden, die sich im Zuge der Verstädterung aufgelöst haben.
Soweit die Bestände dieses Zentralarchivs erhalten sind, befinden sie sich im Centrum Judaicum in Berlin:
http://www.cjudaicum.de
Dort auf das File "Archiv" gehen.

Jeanne hat gesagt…

Ihr seid prima. Danke für die tollen Tips!!!

Anonym hat gesagt…

Hi, Jeanne:
Hast Du auch schon mal beim Roten Kreuz
angefragt? Die haten immer viele Daten und Informationen. Und haben auch vielen
geholfen sich wieder zu finden vor allem
für Juden nach der shoa.
Das war zwar vor 60 Jahren aber vielleicht
gibt es ja die Archive noch. Zumindest
sollten sie dir Auskunft geben können, wo
diese ARchive jetzt sind.

Jakobo