Am Freitag hat Yair einen Shekel* verschluckt. Hat ein bisschen gehustet, nach Wasser verlangt, gut gespült -- und weitergespielt, als sei nichts gewesen.
Ich war eigentlich ganz gelassen. Verdaut werden kann die Münze nicht, also kommt sie halt irgendwann unten wieder raus, oder? Wir haben gleich die Hotline der Krankenkasse angerufen, doch auch die diensthabende Ärztin schien nicht allzu besorgt. Wenn sein Allgemeinzustand in Ordnung sei, könnten wir nicht viel tun. Vielleicht beim medizinischen Zentrum vorbei fahren, um ihn röntgen zu lassen. Aber da es ihm gut ging, haben wir das gelassen.
Abends dann Shabbat-Essen bei den Schwiegereltern. Ich hatte vergessen, Shai einzubleuen, seinen Eltern nichts von dem Vorfall zu erzählen. Ich kenne ja meine Schwiegermutter... "Ach, übrigens hat Yair heute einen Shekel verschluckt", wirf mein Mann ganz nebenbei ein. Meine Schwiegermutter verschluckt sich fast an ihrer Suppe. "Er hat WAS?!" "Kein Grund zur Panik", sage ich. "Wie er reingeht, so kommt er auch wieder raus." Da läuft sie putterrot an und schreit, "Seid ihr eigentlich noch ganz normal?! Er kann steckenbleiben! Da kann sich was entzünden! Ihr hättet ihn zum Arzt bringen müssen!!!"
Shai, der gute Sohn, der sich gleich ein schlechtes Gewissen einreden lässt (wir sind ja solche Rabeneltern!), springt auf, schnappt sich Yair, schaut mich an und sagt: "Komm, dann fahren wir eben jetzt." Ich sage gar nichts, erhebe mich und verlasse ohne ein weiteres Wort den Tisch, innerlich vor Wut schäumend.
Zwei Minuten später sitzen wir im Auto. Es ist 21:30, in einer Stunde schliesst das Zentrum seine Pforten. "Wir müssen uns beeilen!" Shai ist plötzlich selber in Panik. "Wir haben unverantwortlich gehandelt! Wir müssen ihn röntgen lassen! Vielleicht muss er operiert werden!" Ich stöhne auf. Er ist doch ganz der Sohn seiner Mutter. "Beruhige dich", sage ich nur. "Ihm geht es doch gut!"
Wenig später sitzen wir einem Arzt gegenüber. "Ach", sagt der nur, "eigentlich kann man da nicht viel machen." Die kritische Phase sei ganz am Anfang. Sobald das fremde Objekt die Halspartie passiert habe, verlaufe eigentlich alles problemlos. Es käme dann nach drei bis vier Tagen unten so raus, wie es oben reingekommen sei. Bei zehn Prozent käme es zu Komplikationen beim übergang vom Dickdarm in den Dünndarm (oder umgekehrt?). Wenn er also starke Bauchschmerzen bekäme oder sich erbrechen würde, müssten wir wiederkommen, dann müsse der Shekel geholt werden. Aber ansonsten sei da im Moment nichts zu tun. Och! Das war mir aber eine Genugtuung!
Und jetzt warten wir. Gestern hat Yair zwei Mal ganz kurz erwähnt, dass er Bauchweh hat, aber dann war es auch schon wieder vorbei. Sogar das Eis bei McDonalds hat er sich nicht nehmen lassen. Fussballspielen, Laufrad fahren, Puzzle legen -- bei allem war er begeistert dabei.
Fortsetzung folgt...
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* Zur Erklärung: Die Grösse eines Shekels liegt irgendwo zwischen einem 1-Cent- und 2-Cent-Stück.
5 Kommentare:
Ich beglückwünsche Dich zu Deiner gelassenen Reaktion zu dieser unnötigen Panik!
(Es ist der Üvergang vom Dünn- in den Dickdarm, aber auch der ist in den ersten 6-8 h).
jetzt bin ich aber neugierig, wie dein mann auf die gelassene erklärung des arztes auf dem notfall reagiert hat? und die schwiegermama erst? ihr musstet doch sicher rapport erstatten, doer? ;-)
Unspektakulär, geradezu ignorant. Meine Schwiegermutter meinte nur, man dürfe das trotzdem nicht verharmlosen, es könne alles mögliche passieren. Mein Mann sagte, OK, du hattest recht, aber es war trotzdem gut, zum Arzt zu gehen. Dem konnte ich ja nicht viel entgegensetzen... Bis zum nächsten Mal. Wir hatten ja schon einige solcher Situationen. Hier rennt man wegen jedem Wehwehchen gleich zum Arzt.
Ich kann da auch beruhigen: Wir hatten neulich die Vermutung, Flo hätte etwas mit einem Durchmesser von 2cm geschluckt. Der Arzt meinte, dass in seinem Alter der Magenausgang Dinge von 2 cm so gerade eben oder so gerade eben nicht rauslassen könne. Bei uns war's letzten Endes falscher Alarm, aber eine 1 und auch eine 2 Cent-Münze sind ja deutlich kleiner und sollten wieder herauskommen ;-) Drücke Euch die Daumen
Ich glaube, die Münze wird ganz blank geputzt herauskommen (Magensäure)
Grüssen, Kathrin
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