Mittwoch, 31. Oktober 2007

Happy Halloween

Heute ist die Nacht der Nächte. Als Captain Hook ist Yair mit seinem Kürbis von Haus zu Haus gezogen. Trick-or-Treating. Am Ende war der Kürbis prall und schwer, Yairs Finger klebrig von all den Lutschern, die er ausprobieren musste, und der Kopf so müde, dass er auf dem Weg nach Hause auf Papas Schulter eingeschlafen ist. Nett wars. Gruselig nicht. Bilder folgen.

Da bebte die Erde

und wir haben gar nichts mitbekommen...

Kurz nach 20 Uhr klingelt mein Handy. Mein Student ist dran. "Habt ihr das Erdbeben gespürt? Ist alles OK?" Erdbeben? Was? Keine Ahnung. Ich habe den kleinen Mann bettgehfertig gemacht. "Du hast nichts gemerkt? Hier hat das ganze Gebäude gebebt!" ruft mein Student fassungslos.

Kurz darauf erscheint eine Chat-Nachricht auf meinem Bildschirm. Anke von Um-die-Ecke. "Hi Jeanne! War das gerade dein erstes Erdbeben in der Bay Area?"

Vielleicht bin ich wirklich die einzige, die nichts mitbekommen hat? Ich stelle das Fernsehen an. KRON TV, 4. Programm. Sondersendung. Stärke 5.6 auf der Richterskala. OK, das überzeugt mich. Wir haben wohl wirklich was verpasst. Aber traurig bin ich darüber nicht.

Sonntag, 28. Oktober 2007

Networking

Jetzt stecke ich mitten drin in der Jobsuche. Visitenkarten entwerfen und drucken, Portfolio anlegen, Lebenslauf polieren, Anschreiben formulieren. Aber das eigentliche Zauberwort hier heisst Networking. Nur 20% aller offenen Stellen werden auch ausgeschrieben, deshalb sollte man mit möglichst vielen Leuten in Kontakt kommen.

Heute zum Beispiel waren wir zum Kindergeburtstag eingeladen. Eine der Mütter, die ich schon aus dem Kindergarten kenne, mit der ich aber noch nie wirklich gesprochen habe, hat schon vor Jahren ihren MBA in Harvard gemacht (sie ist gut über 40 und hat zwei Adoptivkinder) und arbeitet seit langem in San Francisco bei einer Consulting-Firma, die auch Aufträge an Technische Redakteure vergibt. So einfach. Jetzt muss ich nur über ihre Webseite mein Profil erstellen und mich dann bei ihr melden. Sie ist Senior Vice President und General Manager. Vielleicht wird ja was draus...

Dienstag, 23. Oktober 2007

Yosemite-Impressionen

Am Wochenende haben wir den Yosemite National Park erkundet und jede Minute genossen. Nach Bären und Berglöwen haben wir leider vergeblich Ausschau gehalten, aber wie immer sind uns jede Menge Eichhörnchen über den Weg gelaufen, und ein paar Rehe haben wir auch gesichtet. Wir waren sicher nicht das letzte Mal da...


Pyjama-Party

Vor zwei Wochen war ein Elternabend im Kindergarten anberaumt. Weil Shai einen langen Tag in der Uni hatte, beschlossen wir zu testen, ob Yair reif für seine erste Pyjama-Party bei Yuval ist. Und während Yuvals Mutter und ich uns im Kindergarten unter die anderen Eltern mischten (die vermutlich bequemere Babysitter-Lösungen hatten), übernahm Yuvals Vater die Obhut. Ob er seine Sache gut gemacht hat? Seht selbst.


Donnerstag, 18. Oktober 2007

Eingekehrter Alltag

Ich kann einfach nicht glauben, wie die Zeit davon rennt, ohne dass bei mir irgendwelche Langeweile aufkommt. Ich bin so beschäftigt, dass ich manchmal nicht mal innehalte, um eine Tasse Kaffee zu trinken. Und die paar Stunden morgens ohne Yair sind überhaupt immer in Windeseile vorbei.

Jobsuche? Ich komme gar nicht dazu. Shai ist durch die Uni so eingespannt, dass wirklich alles, alles andere an mir hängen bleibt. Wie ich das mit einem Job vereinbaren kann, ist mir noch gar nicht klar. Aber der Wille ist da. Jedes Mal, wenn ich einen Blick auf's Konto werfe. Dabei bin ich schon ein Meister im preiswerten Einkaufen. Obst und Gemüse kaufe ich im Monterey Market, kosheres Fleisch und Tee bei Trader Joe's, alles übrige bei Safeway. Und einmal im Monat geht's in den Grosshandel, um den Vorrat aufzustocken: Bagel (mit Rosinen und Zimt -- ohne die geht nichts), Brot, Milch, Joghurt, Saft, Cornflakes, Müsli, Windeln (ja, noch immer!) und was sonst gerade so zu Ende geht.

Jobsuche also. Nächste Woche werde ich mit einer Freundin, die schon länger hier lebt und Karriereberaterin ist, meinen Lebenslauf aufpolieren. Dann bin ich bereit für die systematische Suche.

Übrigens habe ich am Dienstag die theoretische Fahrprüfung bestanden, mit Bravur. Am 6. November steht die praktische Prüfung an. Danach gesellt sich dann hoffentlich zu meinem deutschen und meinem israelischen Führerschein auch noch ein amerikanischer. Langsam reicht es mir aber.

Yair kommt inzwischen recht gut mit seinen Sprachen zurecht. Sein Deutsch färbt auf sein Hebräisch ab und verleitet ihn zu merkwürdigen Satzkonstruktionen. Ausserdem setzt er eigenständig neue Wörter zusammen. Heute wollte er beispielsweise Tapuzim-Saft (Orangensaft). Oder lieber Apfelmietz (Apfelsaft)? Ausserdem streut er zwischendurch englische Sätze ein: "What's your name?" oder "Wash your hands!" oder "Want to eat?" Nicht immer weiss er aus dem Stehgreif, was das denn nun bedeutet. Aber wenn ich ihn frage, in welchem Zusammenhang er diese Sätze aus dem Kindergarten kennt, antwortet er sofort. Faszinierend, wie das kleinkindliche Gehirn arbeitet.

Donnerstag, 11. Oktober 2007

Sie ist da

die Arbeitserlaubnis! Ich kann es noch gar nicht fassen. Drei bis fünf Monate sollte es nach offiziellen Angaben dauern. Dass es oftmals schneller geht, habe ich gehört. Aber vier Wochen scheinen mir eine Rekordzeit zu sein! Ganz unschuldig lag sie heute in einem unauffälligen weissen Umschlag im Postfach.

Vielleicht liegt es daran, dass ich dem Antrag die Sozialversicherungsnummer zufügen konnte, die ich 1997 durch mein Semester an der ISU bekommen habe. Trotzdem bin ich noch immer ganz von den Socken. Jetzt habe ich also keine Entschuldigung mehr, tatenlos rumzusitzen... Aber ich habe ja auch schon acht Bewerbungen rausgeschickt, und über den Vater eines Kindes, das in Yairs Kindergarten geht, habe ich Kontakt zu einem hiesigen, etablierten Technischen Redakteur aufgenommen, der bereit ist, mir bei der Vermittlung zu helfen. Sieht also doch nicht so schlecht aus fürs erste.

Eilig habe ich es trotzdem nicht. Bis Januar möchte ich mir noch gönnen. Und eine Portion Glück benötige ich schliesslich auch. Ein Job fällt einem ja nicht einfach so in den Schoss, schon gar nicht, wenn er teilzeit sein soll.

Übrigens kann ich fast von Glück sagen, dass ich meine Stelle in Israel aufgegeben habe. Vorgestern sind 25% der Mitarbeiter entlassen worden. Ich bin noch ganz geschockt.

Samstag, 6. Oktober 2007

Solche Tage

sollte es öfter geben...

Heute hat mein Student sich eine Auszeit genommen: Wir haben einen Ausflug ins Napa Valley gemacht. Traumhaft. Das Wetter, der Wein, die Landschaft. Einfach perfekt.


Anschliessend sind wir weitergefahren, um im Codornices Park Libys ersten Geburtstag zu feiern.

Die schönste Überraschung erwartete mich allerdings am Abend. Und das war so:
Bisher musste ich dem kleinen Mann immer Gesellschaft leisten, bis er eingeschlafen war. Bis letzte Woche habe ich mich brav neben ihn "schlafen" gelegt (und alle Versuche, dem zu entkommen, sind bis dahin kläglich gescheitert), seine kleinen Ärmchen um meinen Hals gefühlt und gewartet, bis das Wälzen und Wenden irgendwann zur Ruhe kam und regelmässige Atemzüge seinen Schlaf bezeugten. Als er letzte Woche in sein Bett übersiedelte, bin ich dazu übergegangen, mich neben sein Bett zu setzen. Das machte das Aufstehen leichter, aber verkürzte nicht die Wartezeit. Und hielt mich leider auch nicht davon ab, im dämmrigen Zimmer selbst ganz schläfrig zu werden.
Vor ein paar Tagen dann bin ich nach ein paar Minuten einfach aufgestanden und, nach ausführlichen Erklärungen, gegangen. Anfangs gab es Geheule. Der kleine Mann stand auf, machte das Licht an, Party! Oder er lief mir einfach hinterher. Dann habe ich die Regeln festgesteckt. Aufstehen gilt nicht, aber er darf sich gerne noch im Bett ein Buch anschauen. Oder so. Also entschied er sich dafür, ausführlich mit Puuh-Bär zu telefonieren. Heute, am dritten Abend, fragte er mich, sobald ich das Licht ausmachte: "Gehst du mir jetzt wieder weg?" (At holechet li achshav?") Aber er liess mich gehen, ohne Gezeter. Rief mich noch ein paar Mal für Küsschen und Umarmung, legte sich dann hin, winkte mir gute Nacht -- und schlief ein. Und plötzlich sind die Abende viel länger! Womit habe ich bloss so viel Freizeit verdient? Stolz bin ich auf den kleinen Mann, dass er so anstandslos loslässt. Ganz gross!

Zur Belohnung gibt's noch mein Lieblingsbild der letzten Woche, aufgenommen im Märchenland in Oakland.

Montag, 1. Oktober 2007

Buchwurm

In den letzten Wochen habe ich gelesen, was das Zeug hält. Gerade eben habe ich Khaled Hosseinis "A Thousand Splendid Suns" (Tausend strahlende Sonnen) (2007) aus der Hand gelegt, das wir im Buchclub Mitte Oktober besprechen. Als der kleine Mann letzte Woche noch ganz verschlafen ein bisschen verfrüht von seinem Mittagsschlaf in die Küche geschlurft kam, fand er mich in Tränen aufgelöst am Tisch sitzend, mit einem zerknüllten Taschentuch in der Hand. Ein Muss, dieses Buch. Wie ich bisher nichts von Hosseinis erstem Buch, "The Kite Runner" (Der Drachenläufer) (2003), mitbekommen konnte, ist mir ein Rätsel.

Dafür hat mich die letzte Lektüre zum Lachen gebracht, an vielen Stellen jedenfalls: Irene Disches "Grossmama packt aus". Daraufhin werde ich jetzt wohl endlich mal ihre früheren Werke angehen, die schon so lange unangerührt im Regal stehen, weil ich sie mir während des Studiums zwar gekauft, aber wenn überhaupt nur schnell überflogen habe.

Oh, und Elizabeth Georges aktuellstes Buch, "What Came Before He Shot Her", ist gleichfalls brilliant. Eine psychologische Meisterleistung.

Wie ich es geniesse, endlich wieder zu den Leseratten zu gehören!